Gebäudeverzeichnis
Keckenhof 3 - ehem. Sprügelsbad oder Vorderbad: "Bader" kommt von Badehaus
Primärkatasternummer: 184
Besitzer: 1827
Groß, Christian Friedrich, Steinhauers Witwe; Groß, Johann Georg, Bijoutier; Grettenberger, Georg Friedrich, Bäcker; Gräter, Susanna Clara, Schuhmachers Witwe
Besitzerliste
1363: Gewin Wigmar, Bürger zu Heilbronn, und seine Frau Elzbeth verkaufen am 1. September 1363 um 860 Pfund Heller Güter und Gültenan Konrad Münzmeister, Schultheiß zu Hall, und dessen Schwester Gute. Zu den Besitzungen gehört die vordere Badstube, die "Sturnglog" genannt wird.
1395-1399: Vorderbader
1400-1403: Hans Bader
1412-1414: Identifizierung unsicher
1415-1425: Kunlin Bader
1430-1438: Hans Bader
1442-1447: Contz Bader
1449/50-1459: Hans Eseler, Bader
1460: Peter Bader
1461-1481: keine namentliche Nennung (nur "Vorder Bader")
1482-1488: Hans Ziegelhofer, Vorder Bader
1489-1490: Lutz Vischer
1492-1498: Lienhart Seger, Bader
1498-1521/22: Wendel Fischer, Vorderbader (nur 1498 so bezeichnet, dann nur Wendel Bader, Identität also nicht eindeutig).
1523/24-1525/26: Büberlin Bader (oder: Buberlin)
1527/28-1535/36: Wendel Wüst, Bader
1537/38-1549/50: Lienhart Schwab, Bader
1550/51-1553/54: Jacob Hackh aus Stockach (Anm.: wird 1584 wegen unbekanntem Verbrechen gehenkt).
1555-1572: keine Bader bekannt (wegen Lücke in den Bürgersteuerverzeichnissen)
1573/74-1575: Balthes Hip, Bader
1575: Friedrich Schantz zu Tullau verkauft am 20. September 1575 für 200 Gulden rheinischer Landeswährung eine Reihe von Lehenschaften, Gülten und Gerechtigkeiten an den edlen Ludwig Berlin von Weldershub zu Unterlimpurg, seinen Schwager. Hierzu gehört eine Vorgeldgült von jährlich einem Gulden, die Georg Neubeckh, Bader auf dem Vorderbad, zu entrichten hat.
1575-1581/82: Georg Neubeckh, Bader
1591/92-1628: Hans Sprügel, Bader (gest. 5. April 1628)
1629-?: Wilhelm Scheffelmann erstmals als Bader genannt. Er setzt am 16. April 1629 "sein Vorderbadtstuben" als Sicherheit bei einem Kredit ein.
1707: Johann Georg Rögler, Bader, verkauft Haus und Badstube für 1.000 Gulden an seinen Sohn Johann Melchior Rögler, Bader.
1722: Johann Melchior Rögler verkauft am 9. Februar 1722 den oberen Teil des Hauses für 400 Gulden an Johann Adam Bühl, Salzsieder.
1727: Die Vormünder der Kinder des verstorbenen Johann Melchior Rögler verkaufen "des Röglers unteren Theil nebst der Badstuben" am 3. Juli 1727 für 900 Gulden an Georg Michael Thieringer, Bader aus Rothenburg an der Tauber.
1747: Georg Michael Thieringer kauft am 13. Oktober 1747 den Anteil des Johann Adam Bühl (den oberen Teil) für 425 Gulden. Er besitzt damit das ganze Haus.
1773: Das gesamte Haus und die Badstube werden am 15. März 1773 für 1.900 Gulden an Georg Adam Hiller, Bader, verkauft
1788: Das gesamte Haus und die Badstube werden am 29. August 1788 für 1.400 Gulden an Christian Friedrich Groß, Steinhauermeister, verkauft.
1813: Christian Friedrich Nikolaus Groß verkauft am 1. Februar 1813 für 400 fl ein Fünftel des Hauses an Johann Martin Bräuninger aus Brachbach, "neuangehenden Beisitzer allda".
1817: Christian Friedrich Nikolaus Groß verkauft 1817 ein weiteres Fünftel des Hauses an seinen Sohn Johann Georg Groß, Graveur
Haustafel
Da die Körperpflege im Mittelalter einen hohen Stellenwert besaß, gab es in den Städten Badehäuser, die zur Reinigung des Körpers und als Treffpunkte dienten. Die "Vordere Badstube" in diesem spätmittelalterlichen Haus ist 1363 erstmals erwähnt. Im Laufe der Zeit übernahmen die Betreiber - die Bader - weitere Dienstleistungen wir das Haareschneiden oder medizinische Behandlungen. Mit dem Ende der Reichsstadt endete auch der Badebetrieb.
Befunde aus Bauforschung
Dendrochronologisch datiert: Östl. Hausteil, Dach auf 1407/08; Westl. Hausteil, Dach auf 1589. (BF Lohrum/Bleyer)
Keller aus Bruchsteinmauerwerk mit Tonnengewölbe und parallel zum Keckenhof angelegtem Gewölbescheitel. Der Keller deckt das straßenseitige Drittel des Hauses über die gesamte Gebäudebreite hin ab, leicht versetzt zum Umfassungsgrundriss des Erdgeschosses. Der Keller stammt aus dem 15./16. Jh., in der südöstlichen Kellerecke ein Mauerwerkfragment des 14. Jh. Im südlichen Anschluss an den Keller weitere Einzelmauerwerke des 14./15. Jh. Gesamtzusammenhang nicht erkennbar. Gewölbe, Gewölbewiderlagermauerwerke und südliche Kellerstirnwand aus dem 18./ 19. Jh., nördliche Kellerstirnwand und Erschließung mit Veränderungen bis 19./20. Jh.. Vgl. Datenbank Bauforschung Baden-Württemberg.
Beschreibungen
1717/18: "Eine Badbehaußung taxirt ad 800 fl ... Vorgelder auff 4 Quartalien, nehml[ich] Reminisc[ere] 1 fl, Pfingsten 1 fl, Creutz Erhöhung, 1 fl, Lucie [?] 1 fl, th[ut] 4 fl in L. Reichallmosen Pfleeg".
1827: Wohnhaus und Dunglege, insgesamt 32 Ruten
Das mehrgeschossige, teilweise freigelegte, giebelständige Fachwerkwohnhaus entstand im frühen 17.Jh. unter Verwendung der mittelalterlichen Stadtmauer. Die zum Kocher hin gewandte einhüftige Giebelseite zeigt konstruktives Fachwerk und drei asymmetrisch angeordnete Fenster über der Stadtmauer von besonderer stadtbaukünsterlischer Wirkung. - Teile der mittelalterlichen Stadtmauer. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 256)
Keckenhof 3 (Flst.Nr. 0-101/5). Wohnhaus. Mehrgeschossig, teilweise freigelegtes Fachwerk, Bohlendecke. 1408 (d), Fachwerkaufbau im 17. Jahrhundert umgestaltet, mit Stadtmauerrest (siehe auch unter Sachgesamtheit Stadtbefestigung "Am Markt 14, ..."). § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Lebensläufe von Bewohnern
Johann Georg Rögler
Johann Georg Rögler wurde am 16. Juni 1650 als Sohn des Erkenbaders Veit Rögler geboren.http://www.schwaebischhall.de/typo3/#_ftn1 Nach "christl[icher] Auferziehung" erlernte er die "Profession" seines Vaters, absolvierte eine dreijährige Lehrzeit in Nördlingen und kehrte "auf des Vatters Befehl" in seine Heimatstadt zurück, wo er am 16. Februar 1674 Margaretha Franz, die Tochter des Unterlimpurger Taglöhners Kilian Franz heiratete. Von den zehn in 48jähriger Ehe geborenen Kindern überlebten ihn zwei Söhne und eine Tochter den. Ein weiterer Sohn wanderte nach Sachsen aus und ist dort verschollen. Lobend vermerkt der Pfarrer über ihn, er habe "viel gefährl[iche] Curen glückl[ich] verrichtet und besonders in Arm- und Beinbrüchen dem Nechst[en] ersprießliche Dienste gethan". Doch "fiel er in seinem Alter andern Ärzt[en] auch wieder in die Hände", die ihm aber nicht helfen konnten; so wurde er "gar baufällig", bettlägerig und erkrankte an einem "anhaltenden starcken Husten", der ihn so auszehrte, dass er am 2. Juli 1722 starb. Das Sprügelsbad hatte er bereits 1707 an seinen Sohn Johann Melchior Rögler, Bürger, Bader und Wundarzt, verkauft. http://www.schwaebischhall.de/typo3/#_ftn2
Johann Melchior Rögler
Der nachfolgende Vorderbader wurde am 7. November 1691 in Schwäbisch Hall geboren. Er wurde "wol erzogen" – ein Schulbesuch ist nicht vermerkt, kann aber angenommen werden – und "zur Baaderey angehalten". Auf einer fünfjährigen Wanderschaft "erlernte er das seinige wol", erwarb 1707 von seinem Vater die Badstube und heiratete im selben Jahr Clara Susanna Maria Jäger, eines der 21 Kinder des Ratsherren und Nikolaipflegers Johann Peter Jäger.http://www.schwaebischhall.de/typo3/#_ftn2 Mit ihr hatte er drei Söhne und drei Töchter. Hinzu kam ein in seinem Nekrolog schamhaft verschwiegener unehelicher Sohn Johann Friedrich Rögler aus einer Affäre mit Anna Magdalena Hezel. Nachdem seine erste Frau 1720 verstarb, heiratete er in zweiter Ehe Eufrosina Margarethe Seckel, der Tochter eines Metzgers, die aber nach nur zwei Ehejahren und der Geburt eines Sohnes verstarb. Seine dritte Frau wurde 1722 Maria Margarethe Schübelin, Tochter des Haalmeisters Johann Georg Schübelin. Die beiden Töchter aus dieser Ehe starben kurz nach der Geburt. In seiner "Profession war er sorgfältig u[nd] glücklich, anbey gar dienstfertig u[nd] erträglich". 1726 erkrankte er an "Hitz u[nd] Dürrsucht" und verstarb am 29. November dieses Jahres.
Georg Michael Thieringer
Johann Melchior Röglers Nachfolger als Erkenbader wurde am 21. Dezember 1701 in Rothenburg ob der Tauber als Sohn eines Schuhmachers geboren.http://www.schwaebischhall.de/typo3/#_ftn1 Trotz seiner Herkunft aus dem Handwerkerstand besuchte er – wie auch in Schwäbisch Hall nicht ungewöhnlich – das Rothenburger Gymnasium, in dem er "unterschiedl[iche] Claßen frequentiret" hat. Er "bezeugte Lust zur Chirurgie" und absolvierte eine dreijährige Lehrzeit bei dem Chirurgen Straulinger. Hieran schloss sich eine zehnjährige Wanderzeit an, die ihn unter anderem nach Wittenberg, Leipzig, Dresden und Breslau führte; hierbei "samelte er sich viele Früchte der Erfahrungen". Statt sich in seiner Heimatstadt niederzulassen, kaufte er 1726 das Sprügelsbad, erwarb das Haller Bürgerrecht und heiratete im darauffolgenden Jahr Sabina Christina Söhnlein, Tochter des Ratsdieners und Schreibers Georg Michael Söhnlein. Vier von den sieben Kindern aus dieser Ehe überlebten den Vater; dem Sohn Johann Lorenz Jakob Thieringer gelang der Übergang vom Handwerkschirurgen zum studierten Arzt; er brachte es zum "Leib-Medicus" des Fürsten von Hohenlohe-Langenburg sowie zum "Stadt- und Land-Pysicus" und heiratete durch die Ehe mit Susanna Margaretha Schragmüller in die Schwäbisch Haller „Ehrbarkeit“, d.h. Oberschicht ein.
Nach dem Tod seiner ersten Frau am 15. April 1767 heiratete Thieringer am 9. Dezember 1769 Maria Barbara Scheu, Tochter des Bäckers Leonhard Michael Scheu. In seinem Nekrolog heißt es über ihn, er sei "ein sehr geschickter Chirurgus" gewesen, der "an vielen die geseegnete Proben unter Gottes Seegen erwiesen". Auch wird er als "fleißiger Kirchengänger, andächtiger Christ" gelobt. Am 14. März 1773 starb er im Alter von 71 Jahren.
Quellen
Archivalien:
- StadtA SHA 2/18 (Ehe- und Taufbuch St. Katharina 1563-1620), S. 23 (Ehe H. Sprügel); 2/69 (Totenbuch St. Michael 1606-1634), S. 260 (Tod H. Sprügel); 2/74 (Totenbuch St. Michael 1718-1737), S. 235 (Nekrolog J. G. Rögler), S. 500 (Nekrolog J. M. Rögler); 2/76 (Totenbuch St. Michael 1763-1775), Bl. 529ff. (Nekrolog G. M. Thieringer); 4/833 (Kontraktbuch 1628/29), Bl. 132R; 4/881 (Unterpfandsprotokoll), Bl. 331; 4/1775-4/1900 (Beetlisten 1395 - 1631/33); 17/31 (Urkunde 1363); 17/1076 (Urkunde 1575); 19/827 (Güterbuch 2), S. 36; 19/1001 (Kaufbuch 1810-1813), Bl. 425Vff.
Literatur:
- Friedrich Pietsch: Die Urkunden des Archivs der Reichsstadt Schwäbisch Hall, Bd. 1 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 21), Stuttgart (Kohlhammer) 1967, U 417
- Gerd Wunder: Die Bürger von Hall. Sozialgeschichte einer Reichsstadt 1216-1802 (Forschungen aus Württembergisch Franken; Bd.16), Sigmaringen (Thorbecke) 1980, S. 134 (vgl. zu Badern, Hinrichtung von J. Hackh).