Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.
Untere Herrngasse 2
Primärkatasternummer: 174
Besitzer: 1827
Henning, Johann David, Lebküchner; Eisenmenger, Johann Friedrich, Obersieder; Gauger, Johann Friedrich, Seifensieder; Frizlin, Johann Gottlieb, Dreikönigwirt
Besitzerliste
1578 Anton Feyerabend erscheint als Anlieger eines Hauses von Ezechiel Beyschlag in der Unteren Keckengasse (4/653, fol. 26R). 1588 verkauft Anton Feyerabend ein Haus in der Unteren Keckengasse, neben Ezechiel Beyschlag und Matthias Heimberger, an den Junker Johann Christoph Adler, der seinerseits weiterverkauft an Dr. Georg Winkler (4/653, fol. 93V). Fraglich, ob damit das Haus am Alten Schuhmarkt gemeint ist. Auch die Beschreibung stimmt mit den späteren nicht überein, u.a. ist die Rede von einem Höflein, in das keiner der Nachbarn schütten darf!
1580 Anton Feyerabend: Haus in der Unteren Keckengasse von Melchior Boß (Wunder/Lenckner: Bürgerschaft, S. 224, Nr. 2101)
7. August 1641 Die Bevollmächtigten des Johann Heinrich Glandorff, Doktor beider Rechte, hanau-lichtenbergischer Rat, nämlich Anton Comberger, Vogt zu Metzelgern (?), Jonas Widman, Kanzleiverwandter, und Wolfgang Enßlin, Procurator, verkaufen an Johann Heinrich Gräter, Mitglied des Inneren Rates, die sog. Feyerabendsche Behausung am alten Schuhmarkt in der Unteren Keckengasse an der gemeinen Straße. Sie liegt zwischen Johann Ezechiel Löchner, Mitglied des Inneren Rates, und Joseph Romig, Mitglied des Inneren Rates. Sie ist ganz frei eigen. Der Kaufpreis beträgt 800 fl. Die Bezahlung erfolgt so: 200 fl an Herrn Dr. Glandorff in Monatsfrist, 80 fl über ein Jahr, 100 fl an die Grempschen Erben zu Freudenstadt und 60 fl Zins, 300 fl an Hans Schweicker, Bürger und Bäcker hier, sowie 60 fl Zins (4/837, fol. 4R-5V).
5. November 1661 Die Erben des Johann Heinrich Gräter, Mitglied des Inneren Rates: Franz Heinrich Köbel, hohenlohischer Pfarrer in Adolzfurt namens seiner Ehefrau Maria Barbara, Johann Jacob Gräter, Pfarrer in Michelfeld, Wolfgang Heinrich Gräter, Handelsmann, und Johann Christoph Gräter, Buchbinder, als Vormund für Ulrich Gräter verkaufen an Johann Caspar Glock, Mitglied des Inneren Rates und Amtmann im Kocheneck, ihr Haus und ihre Hofraithe am Eck und alten Schuhmarkt in der Unteren Keckengassen, genannt das Feyerabendsche Haus. Es stößt vorne an das Haus der Erben des Joseph Romig, Mitglied des Inneren Rates, und das kleine Gässlein, auf der anderen Seite an die gemeine Gasse und das Haus des seligen Herrn Stättmeisters Löchner, hinten aber auch auf das Gässlein und das Haus des Niclas Petzoldt, Mitglied des Inneren Rates. Es steht an allen vier Orten ganz frei. Das Haus ist gültfrei. Die bislang darauf stehenden Schulden (100 fl an Jungfrau Johanna Philippina Gremp von Freudenstein und 200 fl an Johann David Walter, Handelsmann) sind abgelöst. Der Kaufpreis beträgt 800 fl (4/656, fol. 193R-194R).
1717 Johann Caspar Glock, Lizenziat, Mitglied des Inneren Rates: erkauft und ererbt. Gültfrei. Steueranschlag: 1.100 fl (4/881, fol. 344V)
o. D. Georg Michael Bonhöfer, Dr., Senator und Amtmann (4/881, fol. 344V)
In der Beetliste 1743 erscheint Georg Michael Bonhöfer (vorher: Rott) erstmals am alten Schuhmarkt als Hausbesitzer, gleichzeitig mit Georg Friedrich Hezel, nach H. Pfleger Ludwigs Witwe und Johann Friedrich Braz, Mitglied des Spitalgerichts und Bäcker (4/2034, fol. 47). In der Beetliste 1742 erscheint niemand zwischen H. Pfleger Ludwigs Witwe und Johann Friedrich Braz (4/2033, fol. 47): Das Haus scheint sich im Besitz eines andernwärts wohnenden Besitzers befunden zu haben. Ein Kaufvertrag aus diesen Jahren konnte bislang nicht ermittelt werden.
9. November 1785 Johann Christoph Gaucker, Bürger und Seifenseider, erkauft für 3.000 fl (4/881, fol. 344V)
9. November 1785 Die Erben der Maria Sybilla, Witwe des Georg Michael Bonhöfer, I.U.D., Mitglied des Inneren und Geheimen Rates Rates, Amtmann über der Bühler, geb. Hartmann, verkaufen an Johann Christoph Gauger, Bürger, Seifensieder und Kremplermeister, ihr ererbtes Haus in der Unteren Kecken- oder Herrngasse. Es liegt am Eck und dabei auf dem Schuhmarkt, auf allen Seiten zwischen gemeinen Straßen und Gässlein. Die Behausung ist gült- und zinsfrei. Unter dem Haus befinden sich drei Keller. Kaufbriefe v. 7. August 1641 und v. 5. November 1661 beschreiben das Haus näher. Der Kaufpreis beträgt 3.000 fl, dazu 80 fl Weinkauf, fällig als Barzahlung in einem Vierteljahr (4/689, fol. 261V-262R).
9. Januar 1795 Johann Christoph Gaucker, der Sohn, Handelsmann, ½ des Hauses, erkauft für 2.000 fl (4/881, fol. 344V)
9. Januar 1795 Laut eines schriftlichen Aufsatzes vom 30. Dezember 1794 verkauft Johann Christoph Gauger, Seifernsieder, an seinen Sohn Johann Christoph Friedrich Gauger, Handelsmann, einen Anteil an seinem Haus am Schuhmarkt. Das Haus liegt zwischen Zinngießer Weber und Salzsieder Laut. Das Haus ist gültfrei. Der verkaufte Teil besteht in dem unteren neu erbauten Stock: Kaufladen, Ladenstube, einer großen mit Latten verschlagenen Tenne, oberhalb dieser: eine Stube, Stubenkammer, Küche, noch zwei Kammern und unter der Stiege einem Kämmerlein, im hinteren Haus im unteren Stock eine mit Latten verschlagene Waagkammer. Im zweiten oder mittleren Stock gehört dazu: in dem vorderen Haus die ganze Etage, die in einer Stube, einem Cabinet, einer Stubenkammer und einem verschlossenen c.v. Privet. Außerdem: im vorderen Haus im ersten oder untersten Boden den vorderen Teil gegen den Schuhmarkt, einer mit Latten verschlagenen Holzkammer und dem darauf befindlichen ganzen oberen Boden. Außerdem: den halben Teil von dem untersten großen Keller. Die darin befindlichen sämtlichen Fässer und Fasslager bleiben im Eigentum des Verkäufers. Da der Keller den Ein- und Ausgang nur durch den Laden hat, muss der Käufer den Verkäufer für die Arbeiten im Keller stets ungehindert passieren lassen. Da das „Schleichloch“ zum Keller sich im unteren verschlossenen Tennen befindet, ist der Besitzer des anderen halben Kellers berechtigt, die Most- oder Weinfässer so weit zu der oberen Haustür hinein zu tun, bis über das „Schleichloch“, so dass man den Wein durch ein in den Boden zu machendes Loch in den Keller einschleichen kann. Reparaturen am Hauptbau (Dach, Hauptstöcke und Schwellen) sollen von beiden Besitzern gemeinschaftlich getragen werden. Was jeder in seinem von ihm bewohnten Teil machen lässt, soll jeder selbst zahlen. Die im Haus befindlichen Privets sollen nach dem Gebrauch der „Logien“ im Bau erhalten werden. Was nicht ausdrücklich dem Käufer zugeschrieben wurde, bleibt dem Verkäufer. Der Kaufpreis beträgt 2.000 fl, wovon 1.000 fl Heiratsgut abgehen. Die anderen 1.000 fl bleiben als Kapital auf dem verkauften Hausteil bis zum Tod des Verkäufers stehen (4/761, fol. 206R-209V und nochmals 209bV-209cR)
14. Januar 1806 Johann Friedrich Gaucker/Gauger, Seifensieder, erkauft die Seifensiederwerkstatt für 500 fl (4/881, fol. 344V). Besitzt 1811 immer noch die Seifensiederwerkstatt (4/881, fol. 344R)
1812 David Henning, Lebküchner (4/881, fol. 344V). Besitzt 1811 ungefähr 4/5 des Hauses für 2.750 fl (4/881, fol. 344R)
14. Mai 1817 Johann Friedrich Eisenmenger erkauft einen Anteil am Haus Henning für 1.450 fl (4/881, fol. 344R)
o. D. Dreikönigswirt Frizlin übernimmt ungefähr 1/5 für 950 fl (4/881, fol. 344R)
14. Oktober 1816 Johann Gottlieb Frizlin, der Sohn, Dreikönigswirt, erhält dieses Fünftel in der elterlichen Teilung für 1.375 fl (4/881, fol. 344R)
1827: Henning, Johann David, Lebküchner; Eisenmenger, Johann Friedrich, Obersieder; Gauger, Johann Friedrich, Seifensieder; Frizlin, Johann Gottlieb, Drei Königwirt
Haustafel
Trotz vieler Umbauten ist das alte Fachwerk des Vorderhauses von 1289 an den hohen Ständern und den langen, überblatteten Hölzern in den Längswänden zu erkennen. Es ist eines der ältesten Holzhäuser Deutschlands überhaupt. So groß und stabil wurden schon vor über 700 Jahren Fachwerkhäuser gebaut, wahrlich keine ärmlichen Hütten! Der Giebel zum Hafenmarkt entstammt einer Erneuerung 250 Jahre später.
Befunde aus Bauforschung
Holzteile aus dem 14. Jahrhundert. Dendrochronologisch datiert auf 1394/1395. (StadtA Schwäb. Hall BF 74)
Holzteile aus dem 13. und 16. Jahrhundert. Dendrochronologisch datiert auf 1289, 1542/43. (StadtA Schwäb. Hall BF 74)
Dendrochronologisch datiert: Kernbau (Nordteil), Gerüst auf 1288/89; Umbau Nordgiebel, Dachverst. auf 1542/43; Südteil (Hinterhaus), Dach auf 1394/95. (BF Lohrum/Bleyer)
Eines der ältesten bekannten Fachwerkhäuser Deutschlands
Beschreibungen
1827: Zwei Wohngebäude mit 39,1 Ruten Grundfläche
Das dreigeschossige Fachwerk-Doppelhaus in Kopflage mit fünf z.T. deutlich ausgeprägten Vorstößen auf langen, profilierten Knaggen, Verblattungsspuren, Schmuckfachwerk im Giebel (ehem. Aufzugstür mit den Drei Königen und Inschrift als Bezugnahme auf den Hausnamen), stellt ein im Kern mittelalterliches Fachwerkwohnhaus dar, im 17. Jh. giebelseitig umgestaltet. Das Doppelhaus entstand aus dem rückwärtigen, um 1450 erbauten Wohnhaus der Haller Patrizierfamilie Feyerabent (ab 1421 in Hall nachweisbar, im 16. Jh. als Ratsherren, Haalpfleger und Spitalpfleger von Bedeutung) und dem vorderen Dreikönig-Haus (wohl ehem. Gasthaus). (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 386)
Untere Herrngasse 2 (Flst.Nr. 0-92). Feyerabent- und Dreikönig-Haus. Dreigeschossiges Fachwerk-Doppelhaus in Kopflage, ausgeprägte Vorstöße, lange, profilierte Knaggen, Verblattungsspuren. Schmuckfachwerk im Giebel. Im Kern mittelalterlich, Vorderhaus 1289 (d), Hinterhaus 1395 (d), im 17. Jahrhundert umgestaltet. § 2 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Literatur:
Albrecht Bedal: Die ältesten Fachwerkbauten in Schwäbisch Hall, in: Hausbau im Mittelalter III, Jahrbuch für Hausforschung Sonderband, Bad Sobernheim - Bad Windsheim 1988, S. 313 - 346.
Quellen
Archivalien:
- StadtA SHA 4/881 (Unterpfandsbuch Stadt 1717/18), Bl. 344a; 4/1547a (Häuserbuch 1782), S. 155