Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827

Schiedgraben - Mantelturm

Adresse: Schiedgraben
Primärkatasternummer: ohne
Besitzer: 1827
Stadtgemeinde


Besitzerliste

1827: Stadtgemeinde

Beschreibungen

Der "Mantelturm"

Der 7,84 x 10 m messende "Mantelturm" - der Name ist eine Neuschöpfung von Eduard Krüger - wurde vermutlich um 1515 als nachträgliche Verstärkung vor einen Knick der Stadtmauer am Schiedgraben gesetzt. Die ursprüngliche Höhe wird von Eduard Krüger auf 24 m geschätzt, heute sind noch 15 m vorhanden. Die Turmkrone schloss offenbar bündig mit der Stadtmauer ab, ragte also in der Höhe nicht über sie hinaus. Am oberen, nicht mehr vorhandenen Teil befanden sich Erker mit Pechnasen, vergleichbar dem nahe gelegenen Pechnasenturm, dem der "Mantelturm" sehr ähnlich ist. An der südwestlichen Turmwand über dem Ausgang in den Zwinger sind noch zwei Konsolsteine erkennbar, die einen dieser Erker trugen. Das mit einem Kreuzgewölbe abgedeckte Untergeschoss ist durch ein separates Portal in der Südwestwand vom Zwinger her zugänglich. Eduard Krüger beobachtete hier offenbar heute zugemauerte Löcher für abziehende Pulverdämpfe. Der Zugang in das Untergeschloss ist verschlossen. Der Turm trug wahrscheinlich nie ein durchgehendes Dach, sondern war ganz oder teilweise nach oben offen. Im Inneren befand sich ein mittlerweile wieder hergestellter, gepflasterter Hof mit einem Wasserabfluss in den Graben. Die noch vorhandenen Kragsteine weisen auf die Existenz von hölzernen Wehrgängen hin. Der Turm springt über den Zwinger - in den ein weiteres Portal auf der Südwestseite führt - hinweg in die Grabensohle vor und diente dem Schutz der Stadtmauerabschnitte nach Westen zum Limpurger Tor und nach Osten zum Pechnasenturm. Bei Attacken auf diese Abschnitte konnte aus dem Turm heraus ein flankierendes Feuer auf Angreifer eröffnet werden. Die noch vorhandenen Schießscharten passen für großkalibrige Büchsen (Wallbüchsen, Hakenbüchsen, Arkebusen). Die Ende der 1980er Jahre ausgegrabenen, steinernen Kanonenkugeln deuten darauf hin, dass der "Mantelturm" darüber hinaus auch als Plattform für großkalibrige Kanonen diente. Der Turm war 1817 noch intakt, scheint aber in der Folgezeit teilweise abgetragen worden zu sein und ist bereits 1832 als Ruine dargestellt.

Als solche beschrieb der Dichter Eduard Mörike, der kurzzeitig ganz in der Nähe in der Oberen Herrngasse 7 wohnte, das Bauwerk in einem Brief vom 23. Mai 1844: "Ich lebe in Hall viel Altertum und eine Menge mittelalterliches Bauwerk reizt einen unwillkürlich, den Bleistift in die Hand zu nehmen. So ist nicht weit von unserer Wohnung ein grasiger Zwinger mit prächtigen, von keiner Seele beachteten Ruinen, da sich an einen gut erhaltenen Turm Stadtmauern usw. anschließen, überall die Wände dicht mit Efeu umzogen."

Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für das Parkhaus Schiedgraben (1990 eingeweiht) erfolgte auch eine teilweise Wiederherstellung des Schiedgrabens und der zugehörigen Befestigungswerke. In diesem Zusammenhang wurde der Mantelturm restauriert und mit einem modernen, überdachten stählernen Treppenhaus versehen, über das ein Weg vom Pechnasenturm durch den Zwinger zur unteren Herrngasse führt.Im Zuge der Bauarbeiten wurden im Juli 1989 etwa 50 steinerne Kanonenkugeln ausgegraben.

Quellen

Literatur:

  • Eduard Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 67.