Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827
Obere Herrngasse 12
Primärkatasternummer: 60
Besitzer: 1827
Ströbel, Christoph David, Salzsieder
Besitzerliste
1582 ließ der Rat durch vier Bauhandwerker aus Enslingen offenbar seine alte Scheune in der Oberen Herrngasse (damals Keckengasse) abbrechen. Wenig später begannen die Arbeiten für die Neuerrichtung eines Hauses auf diesem Platz. Erwähnt werden Maurer- und Zimmererarbeiten. Der Keller unter dem Haus wurde von Hans Plotterer aus Enslingen angelegt. Die Stube wurde getäfelt, das Haus erhielt Türen und Fensterläden, die Hans Bauer, Schreiner zu Schwäbisch Hall fertigte (StadtA Schwäb. Hall 4a/45c, Nr. 623, Ausgaben: Insgemein und StadtA Schwäb. Hall 4a/45d, Nr. 624, Ausgaben: Insgemein).
1583: Dr. Georg Winkler kauft vom Rat das neue Haus in der Keckengasse. Der Kaufpreis beträgt 750 fl (StadtA Schwäb. Hall 4a/46d, Nr. 628, Einnahmen: Insgemein). 1589 kauft der Rat von Dr. Georg Winkler das Haus wieder um 750 fl zurück. Außerdem werden Winkler 6 fl Baukosten vergütet (StadtA Schwäb. Hall 4a/52c, Nr. 651, Ausgaben: Insgemein).
1589: Dr. Johann Morhard (Tilmann Walter: Johann Morhard, S. 76 und Anm. 19): Der Rat vergönnte Morhard in Dr. Georg Winklers Haus zu ziehen. S. Kaufvertrag 1589: StadtA Schwäb. Hall 13/1538.
1589 (10. Juli 1589): Der Rat verkauft an Dr. Johann Morhard, Physicus der Stadt Schwäbisch Hall, sein Haus in der Oberen Keckengasse. Anlieger sind Philipp Klotz und die gemeinen Staffeln. Das Haus soll nicht höher gebaut werden als jetzt, sondern seinen jetzigen Dachstuhl behalten. Wenn es verkauft werden sollte, soll es um den aktuellen Kaufpreis wieder an den Rat fallen. Verbesserungen im Haus allerdings sollen Morhard vergütet werden. der Kaufpreis beträgt 750 fl (StadtA Schwäb. Hall 13/1538).
1631: In der Inventur Dr. Johann Morhards wird das Haus in der Oberen Herrngasse erwähnt (StadtA Schwäb. Hall 14/542).
1632: Dr. Johann Michael Löchner heiratet Catharina Morhard, Witwe des Dr. Johann Morhard (Maisch: Ärzte, S. 42).
1635: Bei ihrem Tod besitzt Catharina Löchner das Haus in der Oberen Herrngasse (StadtA Schwäb. Hall 14/650).
1637: Dr. Johann Michael Löchner heiratet in zweiter Ehe Ursula Maria Eisenmenger. Er stirbt 1665 (Maisch: Ärzte, S. 42).
1667: Dr. Johann David Seiferheld heiratet Ursula Maria Löchner, Witwe des Johann Michael Löchner. Nach 6 Tagen Witwer. 1669 Heirat mit Maria Sybilla Glock. Tod 1676 (Maisch: Ärzte, S. 46)
1678: Maria Sybilla Seiferheld heiratet Tobias Balthasar Miltenberger (StadtA Schwäb. Hall 5/1093)
1679 (31. Dezember 1679): Tobias Balthasar Miltenberger, Bürger zu Windsheim und Jurist, und seine Ehefrau Maria Sybilla verkaufen an Johann Justus Zehner, Stadtmajor zu Schwäbisch Hall, ihre Behausung in der Oberen Herrngasse. Anlieger sind Johann David Mayer, Mitglied des Inneren Rates, und Anna Barbara Schreyer, Witwe des Johann Schreyer, Maler. Der Kaufpreis beträgt 700 fl (StadtA Schwäb. Hall 4/663, fol. 225R-226V; s.a. 13/16).
1688: Kaufbrief (Hinweis in StadtA Schwäb. Hall 14/2853).
1688 (23. Juli 1688): Maria Zehner, Witwe des Justus Zehner, Stadtmajor, geb. von Weixelberg, verkauft ihre von ihrem Mann ererbte Behausung in der Oberen und Unteren Herrngasse zwischen Michael Hornung, Bürger und Bildhauer, und der gemeinschaftlichen Straße oder Staffel, unten an Frau Prediger Bonhöfers und Johann David Zweiffels, Mitglied des Inneren Rates, gemeinsame Scheune stoßend. Käufer ist Wolfgang Caspar Hartmann, Bürger und Nadler. Der Kaufpreis beträgt 850 fl (StadtA Schwäb. Hall 4/666, fol. 87R-88R).
1704: Kaufbrief (Hinweis in StadtA Schwäb. Hall 14/2853).
1704 (25. August 1704): Hieronymus Wilhelm Rittmann, Bürger und Ausspeiser im Hospital, verkauft sein Drittel eines Hauses in der Oberen Herrngasse, das er von seiner verstorbenen Hausfrau Anna Sybilla, geb. Graeter, ererbt hat. Anlieger des Hauses sind: Konsulent Laccorn und Bildhauer Johann Michael Hornung. Bei der Erbteilung wurde das Haus um 800 fl angeschlagen. Käufer des Hausteils sind Johann David Walther, Mitglied des äußeren Rates und Handelsmann, sowie Magdalena Walther, Witwe des Johann Peter Walther, Mitglied des Spitalgerichts. Diesen beiden gehören die übrigen zwei Drittel des Hauses schon. Das Hausdrittel wird um 266 fl 20 ß verkauft (StadtA Schwäb. Hall 4/670, fol. 103V-104R).
1705: Christoph Heinrich Hetzel, Kriegskassier. Erkauft 1705 für 800 fl (StadtA Schwäb. Hall 4/881, fol. 6V).
1758: Erbteilung des Christoph Heinrich Hetzel, Mitglied des Inneren Rates und Mühlenpfleger: Haus in der Oberen und Unteren Herrngasse, zwischen der verwitweten Frau Pfleger Haspel und der verwitweten Frau Amtmann Schragmüller Häusern gelegen. Kaufbriefe von 1688 und 1704. Steuerwert des Hauses: 1.700 fl. Erben waren: 1) Anna Helena Rittmann, Ehefrau des Johann Georg Rittmann, Pfarrer zu Maienfels; 2) David Franz Hetzel, Lizenziat der Medizin und Physicus ordinarius; 3) Johann Heinrich Hetzel, Spitalmeister und 4) die Kinder der verstorbenen Rosina Catharina Dötschmann, Ehefrau des N. Dötschmann, Forstmeister (StadtA Schwäb. Hall 14/2853).
1758: Nachruf auf Christoph Heinrich Hetzel im Totenbuch von St. Michael, 1. Oktober 1758: Christoph Heinrich Hetzel war ein Sohn des Johann Peter Hetzel, Stättmeister, Steuerherr, Consistorialis und Scholarch, und der Martha Catharina Bonhöfer. Er wurde am 20. Januar 1674 geboren. Nach der Taufe wurde er christlich erzogen, in die deutsche Schule und dann in das Gymnasium geschickt. Danach lernte er beim Bruder seines Vaters, Johann Christoph Hetzel, Amtsvogt zu Vellberg, Schreiber. Nach der Lehre arbeitete er in der Haller Kanzlei. 1696 wurde er Kriegskassier. Nach der Schlacht von Höchstädt hat er französische Kriegsgefangene übernommen und sich bei der Einkassierung der der Stadt auferlegten schweren Brandschatzung außerordentlich verdient gemacht. Am 17. Februar 1705 heiratete er Anna Ursula Walther, Tochter des Johann David Walther, Mitglied des äußeren Rates, Beetherr und Handelsmann. Die Ehe dauerte 38 Jahre. In ihr wurden neun Kinder geboren, wovon vier überlebten. 1718 erhielt er die Hospitalverwaltung, der er 31 Jahre lang vorstand. 1728 geriet er bei der Rettung des Hospitalarchivs in große Gefahr: Nach dem Brand der Treppen konnte er sich nur noch mit einer Leiter retten. 1749 wurde er Mitglied des Inneren Rates und übernahm verschiedene Pflegschaften und Hauptmannschaften. Er besuchte fleißig den Gottesdienst, war gegen seinen Nächsten dienstfertig, ehemals für das Wohl der Armen im Spital besorgt und für das Wohl der „Republique“ beeifert. 1746 konnte er sein Amtsjubiläum feiern. 1743 starb seine Ehefrau. Der Tod seiner Tochter 1756 und seiner Schwiegertöchter (Ehefrauen des David Franz Hetzel) versetzten ihn in Betrübnis. Seit einem Jahr litt er an „Marasmus senilis“. Er starb im Alter von 84 Jahren am 28. September 1758 (StadtA Schwäb. Hall 2/75, fol. 423V-424V).
1817: Christoph David Ströbel kauft das Haus für 4.000 fl von Johann Lorenz Glock, Steuerregistrator (StadtA Schwäb. Hall, fol. 6V).
Kaufvertrag: Herr Johann Lorenz Glock, Steuerregistrator, und seine Ehefrau Sophia Albertina, geb. Stellwag, verkaufen an Christoph David Ströbel, Salzsieder, ihr Haus in der Oberen Herrngasse an der Staffel, die in die Untere Herrngasse führt, und Oberamtsarzt Dr. Haspel einerseits, sowie dem Haus des Gerichtsdieners Rethel andererseits gelegen. Zum Haus gehört ein Höflein. Mitverkauft werden zwei Drittel an einer Herrengült auf dem Hofgut des Caspar Feuchter zu Hagenbach (das letzte Drittel besitzt Ströbel bereits). Diese Gült besteht aus: 25 ß Geld, 5 Scheffel 2 Viertel Korn, 6 Scheffel Dinkel, 7 Scheffel 2 Viertel Hafer, 70 Eier, 1 Gans, 2 Herbsthühner, 1 Fatsnachtshuhn, 2 Schätzlein Erbsen, Linsen oder 2 Schätzlein Lein zu säen oder stattdessen 12 ß nach Belieben des Gültherrn. Außerdem muss der Bauer zwei Tage mit der Möhn dienen oder, wenn es dem Gültherr beliebt, 2 fl dafür geben.Das Gut steht zu Hauptrecht und allen rechten und gibt den 20ten Pfennig zu Handlohn. Der Kaufpreis für Haus und Gült beträgt 4.000 fl. Bar bezahlt werden 1.500 fl, de übrigen 2.500 fl aber in einem Vierteljahr. In diesem Vierteljahr behält die Verkäuferin den unentgeltlichen Sitz im Haus. Beide veräußerte Stücke sind Fideicommissgüter, so dass die entsprechenden Genehmigungen eingeholt werden müssen (StadtA Schwäb. Hall 85/1183).
Befunde aus Bauforschung
Holzteile aus dem 16. Jahrhundert, dendrochronologisch datiert auf 1581/1582. (StadtA Schwäb. Hall BF 74)
Gerüst, Dach dendrochronologisch datiert auf 1581/82. (BF Lohrum/Bleyer)
Zusammenfassung der Ergebnisse einer Begehung des Hauses durch Herrn Albrecht Bedal:
Teilverputztes Fachwerkhaus auf Steinsockel, bez. 1590 u. 1688, barock umgestaltet im EG. Holzteile aus dem 16. Jh,, dendrochronolgische Datierung Gerüst/Dach auf 1581/82, Bau nach 1582 am Standort einer Scheuer durch den Rat ist archivalisch dokumentiert (s. unter Besitzerliste).
Im 3. Untergeschoss (Gewölbekeller, Nordwand) für die Stauferzeit (12. Jh.) typische Buckelquader (evtl. Reste eines Vorgängerbaus). Im 2. Untergeschoss (Keller) und im 1. Untergeschoss (UG-Wohnung und Halle) tragen die charakteristischen, intakten Pfeilerstützen (sog. "Haller Bock") die oberen Geschosse. Die Pfeiler sind aus Eichenholz, die Balken aus Weißtanne.
Im Treppenbereich zum 3. UG (Gewölbekeller) und im Treppengang zwischen 3. und 2. UG (Keller) gibt es Wandmalereien. Im 2. UG gibt es in der Westwand eine schießschartenartige Öffnung mit Ummalung in Richtung untere Herrngasse.
Die Erdgeschosswohnung dürfte um 1740 barock umgestaltet worden sein. Aus dieser Zeit haben sich drei Türen erhalten. Der Linoleumfußboden stammt aus der Zeit um 1905. Das 1. OG (obere Wohnung) enthält Türrahmen mit Verzierungen aus der Zeit um 1680. Die hölzernen Treppengeländer zwischen EG und 1, OG sowie zwischen EG und 1. UG dürften aus dem Biedermeier (um 1830) stammen, evtl. auch die Treppe zum 2. UG.
Im 2. OG (Dachboden) sind an Decke und Boden Spuren eines Krans bzw. Warenaufzugs erkennbar. Auch der Bodenestrich und die Bretterverkleidung der Dachseiten deuten auf Nutzung als Lagerraum hin.
Das Tor in der Gartenmauer zur Unteren Herrngasse hin ist im Gewände auf 1730 datiert und trägt die Initialen "CHH" (= Christoph Heinrich Hetzel, Hausbesitzer seit 1705). Ein Fenster zum Erdgeschoss auf der Südseite zeigt die Jahreszahl „1590“. Ein gemeißeltes Band an der Seite zur Unteren Herrngasse (SW-Ecke) trägt die Jahreszahl „1582“. Auf der Westseite (Untere Herrngasse) gibt es ein handwerklich kunstvoll gearbeitetes Kellertor. Ein weiteres Kellertor an der Südseite (an der Treppe zur Oberen Herrngasse) weist aufwändige Schmiedearbeiten und ein altes, handgeschmiedetes Schloss auf.
Der Giebel zur Oberen Herrngasse weist Zierfachwerk in Form eines "Andreaskreuzes" auf (in Schwäbisch Hall ab ca. 1525 verwendet, um 1600 noch weithin im Gebrauch).
Beschreibungen
1827: ein Wohnhaus (21,8 Ruten Grundfläche) und Hof mit 3,5 Ruten in der Oberen Herrngasse
Teilverputztes Fachwerkwohnhaus auf Steinsockel, bezeichnet 1590 bzw. 1688, barock umgestaltet im Erdgeschoss. Eingetragen in das Landesverzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 08. Oktober 1925. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 343)
Obere Herrngasse 12 (Flst.Nr. 0-104/2). Wohnhaus. Teilverputztes Fachwerkgebäude auf Steinsockel mit barocker Umgestaltung im Erdgeschoss, bez.1590 bzw. 1688. § 28 ( aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Quellen
Archivalien
- StadtA Schwäb. Hall S01/2183 (Protokoll Hausbegehung 2018 )