Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827
Mauerstraße 15
Primärkatasternummer: 572
Besitzer: 1827
Bökler, Johann Jacob, Zimmermann
Besitzerliste
1651: Anhand der 1651 nach einer größeren Lücke ab 1633 wieder einsetzenden Beetlisten (Bürgersteuerlisten) kann der Krämer Jos oder Joseph Weidner (ab 1674 Ratsdiener) als Besitzer des Hauses identifiziert werden.
1681: Nach dem Tod des Ratsdieners Joseph Weidner am 10. Juni 1681 fällt das Haus an seine Witwe Barbara geb. Mangold und die vier überlebenden gemeinsamen Kinder Susanne Marie (*1675), Marie Euphrosine (*1677), Maria Margaretha (*1678) und Johann Friedrich (*1681).
1688: Barbara Weidner geb. Mangold, die Witwe des Ratsdieners Joseph Weidner, bringt das Haus in ihre zweite, am 8. Februar 1688 geschlossene Ehe mit dem Bäcker Johann Ezechiel Romig ein.
1720: Nach dem Tod der am 20. Oktober 1720 verstorbenen Barbara Romig verw. Weidner geb. Mangold wird das Haus aus ihrem Nachlass durch den Schwiegersohn Heinrich Nikolaus Wibel und die Tochter Marie Euphrosine (1677-1745) für 475 Gulden erworben.
1745: Die Erben des Heinrich Nikolaus Wibel verkaufen das Haus am 19. August 1745 für 600 Gulden an den Glockenwirt Johann David Deutelin. Dieser tauscht das Haus laut einem am selben Tag geschlossenen Vertrag gegen ein halbes Haus des Leinewebers Johann Adam Holderbusch ein, der sich verpflichtet, eine auf dem bisher besessenen halben Haus lastende Kapitalschuld von 50 Gulden gegenüber der Katharinenpflege auf das neu eingetauschte Haus zu übertragen.
1755: Der Bäcker Johann Friedrich Sauer erwirbt das Haus am 15. Juli 1755 für 600 Gulden aus der Erbmasse des Johann Adam Holderbusch.
1757: Der Kanzlist Georg Michael Happold kauft das Anwesen am 20. Dezember 1757 für 550 Gulden.
1790: Neuer Besitzer des Hauses wird der Zimmermeister Johann Georg Haag, der es am 9. Januar 1790 für 1.000 Gulden kauft.
1818: Das Haus kommt in den Besitz des Zimmermanns Johann Jakob Bökler (oder: Bökle)
1827: als Besitzer genannt: Johann Jacob Bökler, Zimmermann
1852: Von Zimmermeister Bökles Wittib an Johann Friedrich Schreier verkauft (Kaufvertrag nicht auffindbar)
1862: Der Aktuar Vogel als Pfleger der Witwe des Metzgers Johann Friedrich Schreyer lässt am 23. März 1862 den Verkauf des Hauses Nr. 572 an die Tochter Marie Klinger geb. Schreyer und den Schwiegersohn Friedrich August Klinger in das Güterbuch eintragen. Das Haus wurde bereits im Februar 1858 an die Tochter und ihren damaligen Verlobten abgegeben. Der Kaufpreis wird mit 1.200 Gulden angesetzt, der Betrag wird jedoch "als Heirathsguts der kaufenden Tochter angesehen und daher als bezahlt angesehen".
1890: Die Witwe Susanne Klinger geb. Schreyer und der Bruder Friedrich Klinger als Erben des verstorbenen Schreiners August Klinger verkaufen das Haus mit Holzremise, Waschhaus und Hofraum am 10. März 1890 für 8.000 Mark an den Bürstenmacher Friedrich Koch.
umgeschrieben in das Grundbuch am 25. April 1902
In den Adressbüchern genannte Besitzer und Bewohner
1886: als Besitzer genannt: August Klinger, Schreiner [Adresse: "Mauerstraße 472"]
Mieter/Mitbewohner: Heinrich Beck, Metzgers Frau; Sophie Sommer, Bierbrauers Wwe.
1890: als Besitzer genannt: Friedrich Koch, Bürstenmacher
Mieter/Mitbewohner: Amandus Honold, Sekretär a.D.; Friedrich Müller, Taglöhner; Elisabethe Rück, Taglöhnerin; Louis Treuter, Maler
1894: als Besitzer genannt: Friedrich Koch, Bürstenmacher
Mieter/Mitbewohner: Ludwig Friedrich, Händler; Amandus Honold, Sekretär a.D.; Elisabethe Rück, Taglöhnerin; Louis Treuter, Maler
1901: als Besitzer genannt: Friedrich Koch, Bürstenmacher [neue Adresse: "Mauerstraße 15"]
Mieter/Mitbewohner: Louis Treuter, Maler; Ludwig Friedrich, Schreiner; Thusnelda Welsch, Pfarrers Wwe.; Rosine Wetzel, Näherin
1905: als Besitzer genannt: Friedrich Koch, Bürstenmacher
Mieter/Mitbewohner: Louis Treuter, Malermeister; Ludwig Friedrich, Schreiner; Ella und Nathalie Wundt; Rösle Wetzel, Näherin
1910: als Besitzer genannt: Friedrich Koch, Bürstenmacher
Mieter/Mitbewohner: Louis Treuter, Maler; Ludwig Friedrich, Händler; Ella Wundt, Privatiere; Nathalie Wundt, Kinderlehrerin
1920: als Besitzerin genannt: Babette Koch, Bürstenmachers Wwe.
Mieter/Mitbewohner: Ella Wundt, Privatierin; Nathalie Wundt, Privatierin; Katharine Koch, Schriftsetzers Wwe.; August Becker, Kaufmann; WIlhelm Kich, Handlungsgehilfe
1928: als Besitzer genannt: Georg Dorsch, Fleischbeschauer
Mieter/Mitbewohner: Käthe Koch, Näherin u. Wwe.; Babette Koch, Bürstenmachers Wwe.; August Becker, Kaufmann
1932: als Besitzer genannt: Georg Dorsch, Fleischbeschauer
Mieter/Mitbewohner: Käthe Koch, Näherin u. Wwe.; Babette Koch, Bürstenmachers Wwe.
1938: als Besitzer genannt: Georg Dorsch, Schlachthofaufseher
Mieter/Mitbewohner: Babette Koch, Sozialrentnerin; Elsa Koch, Verkäuferin; Käthe Koch, Wwe.
1956 als Bewohner genannt: Elsa Buggle, Hausfrau; Karl Buggle, Kraftfahrer; Liselotte Frei, Hausfrau; Walter Frei, Elektromeister; Elisabeth Klemenz, Hausfrau; Karl Klemenz, kaufmänn.Angestellter; Marie Wennemacher, Hausfrau
Befunde aus Bauforschung
Keller keine Daten. (StadtA Schwäb. Hall BF 20)
Holzteile aus dem 15. Jahrhundert, dendrochronologisch datiert auf 1446. (StadtA Schwäb. Hall BF 72)
Gerüst dendrochronologisch datiert auf 1445/46. (BF Lohrum/Bleyer)
Befunde aus Bauakten
Bauakten erst ab 1999 vorhanden (Stand 1/2022).
Beschreibungen
historische Beschreibungen
1717/18 (Unterpfandsbuch): "Eine Bewohnung mit einem Höfflen, umb 500 fl. Ererbt. Gültet zur Löbl. Steuerstube 1 ß"
1720 (Inventur der Barbara Romig): "Eine Behaußung und Hoffraithin auch jenseits Kochers bey der Mauer, samt einem Höfflein darhinter, zwischen Johann Georg Francken, Metzgers, und Johann Michael Schwartzen, seel. geweßten Bürgers und Kieffers allhier hinterbliebener Wittibin, Behaußungen gelegen, so jährl. zur Löbl. Steuerstuben 1 ß Nachgeld gültet, welche Behaußung bei der Löbl. Beetstuben pro 500 fl taxirt ist."
1745 (Inventur der Maria Euphrosina Wibel): "Eine Wohnbehaußung mit einem Höffle darhinter, jenseits Kochers, unten an der Mauer zwischen Metzger Franckhen Wittib und des Weißgerber Bauern Häußern gelegen, zum Verkauf ausgesezt und inzwischen angeschlagen pro 600 fl."
1754 (Inventur des Johann Adam Holderbusch): "Eine gantze Behaußung an der Kochen-Mauer, zwischen Johann David Bauren, Weißgerbers, und Andreaß Schloßsteins Wohnhäußern gelegen, samt einem kleine Gärttlein darhinter, so zu hochlöbl. Steuerstuben mit 1 ß Vorgeld jährl. gültbar, erbschafftl. taxirt pro 600 fl."
1827: Wohnhaus mit 9,6 Ruten, Holzremise 3,5 und Hof 4,7 Ruten, insgesamt 17,8 Ruten in Stuttgarter Straße
um 1840 (Güterbuch): "9,6 Rthn. VIII 572. Ein dreistokigtes Wohnhaus mit gewölbtem Keller j[enseits] K[ochens] an der Mauer, neben Friedrich David Röhler und David Gottlieb Bauer."
1890 (Verkauf an Friedrich Koch): "79 qm ein 3stockiges Wohnhaus mit gewölbtem Keller j[enseits] K[ochens] an der Mauer, neben Schreiner Klenk und Schlosser Kurz, [mit] 28 qm Holzremise u[nd] Waschhaus, 30 qm Hofraum".
Einträge in den Denkmallisten
Das dreigeschossige, traufständige Fachwerkwohnhaus entstand im Kern um 1500, wie dies die Vorstöße, die langen, geschnitzten Knaggen und die Verblattungen im ersten Obergeschoss belegen, teilweise doppelte Fußbüge und Doppelständer im zweiten Obergeschoss. Damit zählt das Haus zu den wichtigen Zeugen spätmittelalterlicher Fachwerkarchitektur in Schwäb.Hall. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 318)
Mauerstraße 15 (Flst.Nr. 0-336). Wohnhaus. Traufständiges, dreigeschossiges Fachwerkgebäude, Vorstöße auf langen geschnitzten Knaggen, Verblattungen (1. OG), z. T. doppelte Fußbüge und Doppelständer (2. OG). 1446 (d). § 2 ( aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Biografien von Besitzern und Bewohnern
Joseph Weidner (1620-1681)
Joseph Weidner wurde am 20. September 1620 in Schwäbisch Hall als Sohn des Caspar Weidner geboren, der zuerst Schulmeister in Westheim und Bibersfeld, Pflegschreiber zu Westheim und zuletzt Gräfllich Tegernauischer Verwalter in Unterlimpurg war. Seine Mutter Eva geb. Ziegler stammte aus Eschenau. Über seine Jugend und Berufsausbildung ist nichts bekannt, in den Bürgersteuerlisten wird er als Krämer bezeichnet.
Am 4. Oktober 1642 ging er seine erste Ehe mit Ursula Unsorg geb. Strobel ein, der 19 Jahre älteren Witwe des Postmeisters Michel Unsorg. Sie war am 16. September 1601 in Hall als Tochter des Vizebaumeistes Martin Strobel und der Anna geb. Rücker geboren worden. Ursula Strobel hatte am 28. Juni 1636 den aus der Herrschaft Pfalz-Neuburg stammenden, ehemaligen Soldaten und Postmeister Michael Unsorg geheiratet, für den dies die zweite Ehe war. Ursula Unsorg zog die Kinder ihres Mannes aus dessen erster Ehe mit der 1636 gestorbenen Marie geb. Schiller auf, hatte aber keine eigenen Kinder. Michel Unsorg, der "als Postillon zu Wasser und Land viel außgestanden" hatte, war am 7. April 1641 nach längerer Krankeit an "Lungenfieber und Schwindsucht" gestorben. Joseph und Ursula Weidner lebten 32 Jahre zusammen, hatte aber keine Kinder. Ursula Strobel starb am 29. April 1674, nachdem sie etwa zwei Jahre an einer "Geschwulst" (vielleicht einem Krebsgeschwür) und großen Schmerzen gelitten hatte. Ihrem Nekrolog zufolge ist sie "gewesen eine große Sünderin, in ihrer Jugend nicht allezeit reine Seiden gesponnen, allein mit Gottes Creutzruthen ist sie dafür genugsam gezüchtiget worden & sie hat ihre Sünden wohl bereuet, & mehr in dießer Welt geweint als gelacht, hatte also wenig gute Tag." Was diese Bemerkungen genau zu bedeuten haben, ist nicht mehr nachvollziehbar, sie deuten aber auf (nach den Maßstäben der Zeit) schwerere sittliche Verfehlungen.
Noch im selben Jahr, am 25. August 1674, ging Joseph Weidner - mittlerweile 53 Jahre alt - eine zweite Ehe mit der 27 Jahre alten, am 2. November 1646 geborenen Barbara Mangold ein, einer Tochter des Rotgerbers Jacob Mangold. Das Paar führte - so der Nekrolog - eine "liebreiche Ehe" und bekam vier Kinder, Susanne Marie (*1675), Marie Euphrosine (*1677), Marie Margarethe (*1678) und den kurz nach der Geburt gestorbenen Johann Friedrich (*1680). Ebenfalls 1674 erhielt er Joseph Weidner das Amt eines Ratsdieners, "welchem Beruff er mit schönem Eyffer, Eren u[nd] Fleiß vorgestanden." Als Weidner am 10. Juni 1681 im Alter von 61 Jahren starb, war seine Ehefrau mit dem fünften Kind schwanger, das ebenfalls den Namen Johann Friedrich erhielt. Barbara Weidner lebte einige Jahre als Witwe, heiratete dann aber am 8. Februar 1688 den 15 Jahre jüngeren Bäcker Johann Ezechiel Romig (*2. Februar 1662), mit dem sie keine weiteren Kinder hatte. Im Ehevertrag sind zwar die Verpflichtungen des Paares gegenüber ihren Kindern erster Ehe erwähnt (u.a. soll jedes bei seiner Heirat 100 Gulden als "Voraus" aus dem väterlichen Erbe erhalten), das Haus ist jedoch nicht erwähnt. Gelebt dürfte sie in dem von ihrem zweiten Mann besessenen, im Heiratsvertrag erwähnten "Beckenhaus" beim Riedener Tor. Barbara Romig starb am 20. Oktober 1720 im Alter von 74 Jahren. Ausweislich des nach ihrem Tod erstellten Inventars war das Ehepaar durchaus wohlhabend. Das gesamte Vermögen belief sich einschließlich des Beckenhauses am Riedener Tor und des zweiten Hauses "an der Mauer" auf 3.537 Gulden. Dem standen zwar Verpflichtungen von 2.207 Gulden gegenüber, dabei handelte es sich aber überwiegend um verschiedene Erbansprüche und keine "echten" Schulden.
Heinrich Nikolaus Wibel (1668-1741) und Marie Euphrosina geb. Weidner (1677-1745)
Heinrich Nikolaus Wibel wurde am 1. März 1668 als sechstes von insgesamt acht Kindern des Katharinenpfarrers Johann Georg Wibel und seiner Frau Anna Maria geb. Zweiffel in Schwäbisch Hall geboren. Er absolvierte, wie der Nekrolog vermerkt, die deutsche Schule und sämtliche Klassen des Gymnasiums. Anschließend erlernte er bei Amtsvogt Johann Christoph Hetzel in Vellberg das Schreiberhandwerk und wechselte 1687 in die (württembergische) Vogtei zu Bretzfeld. Hier entwickelte er offenbar "eine besondere Lust, Kriegsdienste anzunehmen". Zunächst diente er als "Fourier" (Schreiber im Unteroffiziersrang im Verpflegungs- und Rechnungswesen) 40 Monate lang im Schsen-Gothaischen Dragonerregiment Wengenheim, das der Fränkische Reichskreis in seinen Sold übernommen hatte, um seine militärischen Verpflichtungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) gegen Frankreich zu erfüllen. Von dort trat er für drei Jahre als Quartiermeister einer Kompanie in die Dienste des durch den Johanniterkomtur Johann Friedrich Schenk von Stauffenberg geführten Kürassierregiments des Schwäbischen Reichskreises. Er dürfte damit an den Feldzügen der Reichsarmee in Ungarn gegen die Türken teilgenommen haben. Mit diesen reichen Erfahrungen in der militärischen Administration kehrte er um 1700 nach Schwäbisch Hall zurück und erhielt das kurz zuvor vakant gewordene Amt eines Stadtwachtmeisters verliehen. Er war damit Vorgesetzter der Stadtwächter, Torwächter, Torschließer und Türmer. 1709 beförderte der Rat ihn zum Amtsschultheißen in Ilshofen. 1720 erreichte Heinrich Nikolaus Wibel mit dem Amt des Baugegenschreibers die letzte Stufe seiner Karriere in der reichsstädtischen Verwaltung. Im städtischen Bauamt oblag ihm vor allem die baupolizeiliche Aufsicht über die Gebäude in der Stadt (v.a. hinsichtlich Brandschutz), ebenso auch die Betreuung städtischer Liegenschaften oder die Schlichtung privater Streitigkeiten in Bauangelegenheiten. Wohl bereits kurz nach seiner Rückkehr nach Schwäbisch Hall hatte Wibel am 1. Februar 1701 die neun Jahre jüngere Marie Euprosine Weidner (*2. Mai 1677) geheiratet, eine Tochter des Ratsdieners Joseph Weidner aus dessen zweiter Ehe mit Barbara geb. Mangold. In der Schule hatte sie, wie ihr Nekrolog vermerkt, "das ihrige erlernet"; darauf habe sie "in der Oeconomie u[nd] denen dem weiblichen Geschlecht so nöthig als nüzlichen Wissenschaften wohl zugenommen" und sich damit auf ihre Heirat vorbereitet. Das Ehepaar hat zusammen 40 Jahre "friedlich gelebet, doch ohne Erzielung eines Leibeserben" - die Verbindung blieb also kinderlos. Heinrich Nikolaus Wibel war - so der Nekrolog - aus Sicht des Pfarrers ein "bescheidener, ehrliebender und duldsahmer Mann" und fleißiger Gottesdienstbesucher. Der Baugegenschreiber erfreute sich auch im Alter einer guten Gesundheit, bis ihn am 9. Oktober 1741 ein "Schlagfluß" (Schlaganfall) auf das Sterbebett warf, wo er zwei Tage später am 11. Oktober im Alter von 73 Jahren starb.
Die letzten Lebensjahre seiner Witwe Marie Euphrosina wurden durch einen Erbstreit mit den Nichten und Neffen ihres verstorbenen Mannes belastet. In seinem Testament hatte Heinrich Nikolaus Wibel festgelegt, dass die beträchtliche Summe von 2.500 Gulden unter seinen "Schwester Kindern, auch Bruders Kindern" verteilt werden solle, allerdings erst nach dem Tod seiner Frau. Die solcherart Begünstigten waren damit allerdings nicht zufrieden, sondern forderten darüber hinaus noch Geld zurück, das Wibel aus dem Nachlass seiner Mutter Anna Maria erhalten hatte. Mit diesem Erbe war die Auflage verbunden gewesen, dass es nach dem Tod von Heinrich Nikolaus an seine Geschwister bzw. deren Nachfahren zurückfallen solle. Obwohl es sich um eine relativ kleine Summe von etwa 140-180 Gulden handelte (die genaue Höhe war umstritten), gingen die Erben massiv gegen ihre Tante vor, verklagten sie und gingen sie wohl auch sonst hart an. Marie Euprosine Wibel beschwerte sich in einem 1743 dem Rat vorgelegten Schriftsatz bitter über die habgierige Verwandtschaft ihres Mannes. Obwohl dieser sie großzügig bedacht hatte, "machen sich dieselbe nicht das geringste Bedencken, mir die allerempfindlichste Vorwürffe zu thun, daß ich nicht allein eine schlechte Oeconomie geführet, sondern auch wegen meiner kräncklichen und podagrischen Zustände, davon doch die Tage meines Lebens nicht im geringsten molestiret worden, viel Unkosten und Versäumniß im Haußweßen verursacht hätte." Kurz gesagt, man warf ihr vor, durch ihre Krankheiten und die damit verbundenen Kosten das Erbe zu schmälern. Am 7. März 1745 erlitt Marie Euphrosina Wibel einen "Schlagfluß" (Schlaganfall), nachdem sie zuvor über "Hertzenswehe" geklagt hatte, und starb im Alter von 67 Jahren. Die anschließend gefertigte Inventur unterstreicht, wie wohlhabend das Ehepaar gewesen ist. Die reichsstädtischen Beamten kamen auf ein Vermögen von fast 8.000 Gulden, in dem das Haus in der Mauerstraße mit 600 Gulden nur eine kleine Rolle spielte. Große Summen waren gegen Zins verliehen worden. Allles zusammen überstieg offenbar deutlich den von der "Wiblin" in der Beet (Bürgersteuer) versteuerten Betrag, weshalb der Rat ein Strafgeld von 400 Gulden kassierte. Abgesehen davon handelte es sich bei den dagegen gerechneten Passiva meist um Legate der Erblasser. Hierzu gehörten auch 250 Gulden für eine "Schüssel" der Reichalmosenstiftung, aus der in Not geratene Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden sollen, wobei Angehörige der Familie Wibel den Vorzug zu genießen hatten. Im Zuge der Inventur wurde durch die Verteilung von 175 Gulden unter den Berechtigten auch der Streit um das Erbe der Mutter Wibels beigelegt.
Johann Adam Holderbusch (1685-1754), Katharina Margaretha geb. Dötschmann (1694-1749) und Anna Maria geb. Hirth (1725-1772)
Johann Adam Holderbusch wurde am 22. Oktober 1685 in Rieden als Sohn des Leinewebers und späteren Wirts Friedrich Heinrich Holderbusch und der Anna Katharina geb. Sprügel geboren. Nach dem Besuch der Schule erlernte er das Leineweberhandwerk und wurde schließlich in Schwäbisch Hall als Meister angenommen. Hier heiratete er am 23. Oktober 1718 Katharina Margaretha Dötschmann (*6. Dezember 1694), eine neun Jahre jüngere Tochter des Nagelschmieds Johann Wilhelm Dötschmann. Das Paar bekam in 30 Ehejahren drei Kinder, von denen aber nur die 1721 geborene Tochter Anna Maria den Vater überlebte. Das heutige Haus Mauerstraße 15 erwarb er 1745 durch ein Tauschgeschäft mit Glockenwirt Johann David Deutelin, dem er für dieses Anwesen eine bisher von ihm besessene Haushälfte in der Nachbarschaft übergab. Katharina Margaretha Holderbusch zeigte dem Pfarrer zufolge "untadelhaften Wandel und gutes Christenthum". Sie starb am 6. Februar 1749 im Alter von 54 Jahren nach kurzer Krankheit an den "Gichtern" (Krämpfen). Nachdem ihm auf diese Weise seine Gattin "durch den zeitl[ichen] Tod entrißen worden", ging der Witwer noch im selben Jahr, am 30. September 1749, eine zweite Ehe mit Anna Maria Hirth (*16. Dezember 1725) ein, die bislang als Magd bei Katharinenpfarrer Dötschmann gedient hatte. Sie war eine Tochter des Johann Leonhard Hirth, Hofgärtner in Gaildorf, später Schulmeister in Fichtenberg. Der Leineweber war zu diesem Zeitpunkt 63 Jahre alt, seine Ehefrau zählte lediglich 23 Jahre. Holderbusch dürfte nicht nur ihre Jugendlichkeit geschätzt haben, sondern auch die immerhin 300 Gulden, die Anna Maria (nebst einer Aussteuer an Bettwerk und Weißzeug im Wert von 38 Gulden) mit in die Ehe brachte. Das ungleiche Paar führte, wie der Pfarrer in seinem Nekrolog vermerkte, eine "vergnügl[iche] Ehe", die jedoch ohne Kindersegen blieb. Hauptaufgabe der jungen Gattin war alsbald die Krankenpflege. Um 1750 erblindete Johann Adam Holderbusch, was er "biß an sein Tod mit standhafter Gedult ertragen." Schließlich "wurde er an großer Baufälligkeit bettlägerig", litt zuletzt an starkem Husten und Mattigkeit und starb am 27. November 1754 im Alter von 69 Jahren. Die Verhältnisse des Paares waren weitaus bescheidener als die des Vorbesitzers. Neben dem auf 600 Gulden veranschlagten Haus wird im wesentlichen lediglich ein Inventar an "Bettwerck", Weißzeug, Büchern, Kleidern und allerlei Geschirr sowie den Kirchenstühlen in St. Katharina für insgesamt 100 Gulden genannt. Abgesehen von bei der Katharinenpflege und beim Hospital entliehenen Kapitalien von insgesamt 80 Gulden sowie dem von Anna Maria in die Ehe eingebrachten Vermögen hafteten auch keine nennenswerten Schulden auf der Erbmasse. Nach einigen Jahren im Witwenstand heiratete Anna Maria Holderbusch am 13. Mai 1755 den Seckler Johann Ludwig Hasenmayer. Die beiden Kinder des Paares starben in jungen Jahren. Sie selbst - laut dem Pfarrer eine vorbildliche Christin, denn sie "hatte ihre Freude an Gott und seinem Wort, liebte den Altar des Herrn..., fienge alles mit Gebet und Gesang an" - begann im April 1772, an einer "hitzigen Kranckheit" zu leiden, der sie am 30. April im Alter von nur 47 Jahren erlag.
Georg Michael Happold (1728-1791), Maria Catharina Happold geb. Dötschmann (1736-1768) und Maria Sophie Louise Happold geb. Besch (1741-1813)
Georg Michael Happold wurde am 7. März 1728 als Kind des Johann David Happold, Wirt zum Wilden Mann jenseits Kochens, und der Anna Regina geb. Heyd geboren. Beide gaben, wie dessen Nekrolog viele Jahre später vermerkt, „ihrem Söhnlein eine vernünftige u[nd] christliche Erziehung.“ „Auf den fleisigen Besuch der Deutschen Schule“, heißt es weiter, „durchlief er mit vielem Fleise das wohllöbl[iche] Gymnasium.“ 11 Jahre genoss er das „beneficium contubernii“ (Schulstipendium). Eine anschließende Ausbildung als Schreiber führte ihn zunächst in die Hohenlohe-Öhringische Amtskellerei zu Langenbeutingen, später in das Gräflich Limpurgische Amt zu Obergröningen. 1754 kehrte er „auf rühmlich erhaltene testimonia“ (d.h. er hatte gute Arbeitszeugnisse erhalten) nach Schwäbisch Hall zurück und erhielt zunächst das Amt eines „Accesisten“ (Hilfsschreibers) in der hiesigen Kanzlei. 1771 rückte er zum außerordentlichen Kanzlisten auf und erreichte 1777 die Stelle eines ordentlichen Kanzlisten und Amtsschreibers über das Bühleramt. „Um aber seinen Amtsgeschäften desto ohngehinderter nachgehen zu können, sahe er sich schon 1758 nach einer Gehülfin um“ – so pragmatisch umschrieb der Pfarrer die Suche Happolds nach einer Ehefrau. Er fand diese in Maria Catharina Dötschmann, einer am 3. Juni 1736 geborenen Tochter des Haalmeisters Johann Friedrich Dötschmann und der Susanna Clara geb. Horn. Aus der am 17.Januar 1758 geschlossenen, „im Frieden u[nd] Seegen“ geführten Ehe gingen drei Kinder hervor, von denen aber nur die Tochter Christine Susanna (1765-1836) das Erwachsenenalter erreichte. Maria Catharina Happold, die sich laut Pfarrer durch Häuslichkeit, „ein stilles Weßen & züchtigen Wandel“ auszeichnete, begann um ihren 30. Geburtstag herum an „Leibes-Baufälligkeit“ zu leiden, wozu unter anderem Schwindel und weitere Leiden kamen. Schließlich entwickelte sich ein von Atemnot begleitetes „febris hectica“ („hektisches Fieber“, möglicherweise Tuberkulose). Diesem Leiden erlag sie am 5. Mai 1768 im Alter von nur 32 Jahren.
„Die oeconomischen Umstände“ – also die Notwendigkeit, einen Haushalt mit kleinen Kindern zu versorgen – „erforderten eine zweite Ehe“. Diese schloss Georg Michael Happold am 4. Oktober 1768 mit der 27 Jahre alten Maria Sophia Louisa Besch (*26. August 1741), Tochter von Georg Ludwig Besch, Mitglied des Inneren Rats und Kastenpfleger, und der Margarethe Barbara geb. Gräter. In 23 Ehejahren hatte das Paar drei Töchter und drei Söhne. 1791 waren von diesen Kindern nur noch die beiden, sieben und zehn Jahre alten „Söhnlein“ Georg Jakob und Friedrich David am Leben. Georg Michael Happold gehörte aus Sicht des Pfarrers zu den „Stillen im Lande“, war ein eifriger Verehrer Gottes und seines heiligen Worts und trug seine mit den steigendem Alter einhergehenden Leiden mit christlicher Gelassenheit. „Seine Gattinnen und Kinder liebte er mit unverfälschter Treue“. Weiterhin sei er gegenüber jedermann, insbesondere aber gegenüber seinen Freunden (was nach damaliger Diktion auch die Familie einschloss) „theilnehmend u[nd] wohlthätig u[nd] friedfertig“ gewesen, in seinem Beruf war er „nach möglichen Kräften eifrig u[nd] fleisig.“ Georg Michael erfreute sich lange Zeit einer guten Gesundheit, entwickelte aber in höherem Alter verschiedene Leiden, etwa asthmaartige Atembeschwerden, eine „Schwäche in den Füsen“, zuletzt „einige Lähmung auf der Zunge.“ Schließlich scheint er einen leichten Schlaganfall erlitten zu haben, den man zu Recht als Vorboten eines schwereren „Schlagflusses“ sah. Einem solchen fiel Georg Michael Happold dann auch am 26. August 1791 im Alter von 63 Jahren zum Opfer. Ausweislich der nach dem Tod gefertigten Inventur besaß er kein nennenswertes Vermögen mehr, obwohl er noch im Jahr zuvor 1.000 Gulden für das heutige Haus Mauerstraße 15 erhalten hatte. Der Wert seines vor allem aus Hausrat verschiedener Art bestehenden Nachlasses belief sich noch auf 286 Gulden. Dem gegenüber standen allerdings verschiedene Verbindlichkeiten von 768 Gulden. Damit war Georg Michael Happold stark überschuldet. Die Ursachen für diese Probleme gehen aus der Inventur nicht hervor; vielleicht hängen sie mit längeren Krankheiten und damit einhergehenden Kosten zusammen. Entsprechend schwierig waren dann auch die Lebensverhältnisse der Witwe; bevor sie am 27. September 1813 an Altersentkräftung starb, hatte sie „aus Armuth seit 5 Jahren im Spital“ gelebt.
Quellen
Archivalien:
- StadtA Schwäb. Hall 2/33 (Totenbuch St. Katharina 1635-1692), S. 119 (Nekrolog M. Unsorg); S. 411 (Nekrolog U. Weidner); S. 533 (Nekrolog J. Weidner)
- StadtA Schwäb. Hall 2/34 (Totenbuch St. Katharina 1693-1733), S. 1356 Nekrolog B. Romig)
- StadtA Schwäb. Hall 2/35 (Totenbuch St. Katharina 1734-1759), Bl. 75 (Nekrolog J. N. Wibel); Bl. 111 (Nekrolog M. E. Wibel); Bl. 144 (Nekrolog K. M. Holderbusch); Bl. 192 (Nekrolog J. A. Holderbusch)
- StadtA Schwäb. Hall 2/36 (Totenbuch St. Katharina 1760-1774), Bl. 138b (Nekrolog M. K. Happold)
- StadtA Schwäb. Hall 2/37 (Totenbuch St. Katharina 1775-1793), S. 383 (Nekrolog G. M. Happold)
- StadtA Schwäb. Hall 2/76 (Totenbuch St. Michael 1763-1775), S. 460 (Nekrolog A. M. Hasenmayer verw. Holderbusch)
- StadtA Schwäb. Hall 4/1544 (Unterpfandsbuch Vorstädte), Bl. 539b
- StadtA Schwäb. Hall 4/1545 (Häuserbuch 1712), S. 212
- StadtA Schwäb. Hall 4/1547 (Häuserbuch 1767), S. 194
- StadtA Schwäb. Hall 4/1547a (Häuserbuch 1782), S. 351 Nr. 204
- StadtA Schwäb. Hall 4/1902 (Beetliste auf Lichtmess 1651) - 4/1953 (Beetliste 1685)
- StadtA Schwäb. Hall 5/1175 (Verleihung des Bürgerrechts an Anna Maria Hirth, 1749)
- StadtA Schwäb. Hall 6/541 (Testament des Heinrich Nikolaus Wibel, 1741)
- StadtA Schwäb. Hall 8/318 (Ehevertrag zwischen Barbara Weidner und Johann Ezechiel Romig, 1688)
- StadtA Schwäb. Hall 10/466 (Rechtsstreit zwischen der Wwe. Wibel und den Verwandten ihres Mannes, 1743)
- StadtA Schwäb. Hall 14/1925 (Inventur der Barbara Romig, 1720)
- StadtA Schwäb. Hall 14/2739 (Inventur des Johann Adam Holderbusch, 1754)
- StadtA Schwäb. Hall 14/4086 (Inventur des Georg Michael Happold, 1791)
- StadtA Schwäb. Hall 19/831 (Güterbuch 6), Bl. 441
- StadtA Schwäb. Hall 19/839 (Güterbuch 14), Bl. 308, 374
- StadtA Schwäb. Hall 19/1030 (Kaufbuch 1862/63), S. 40 [2]
- StadtA Schwäb. Hall 19/1054 (Kaufbuch 37), S. 163
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Besch, Georg Ludwig
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Happold, Georg Michael
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Holderbusch, Johann Adam
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Romig, Johann Ezechiel
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Unsorg, Michel
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Weidner, Joseph
- StadtA Schwäb. Hall S27/KK Wibel, Heinrich Nikolaus
- Ancestry.com. Württemberg, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1500-1985 [database on-line].
Literatur:
- Adressbücher 1886-1956