Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827
Lange Straße 57 - Pulverturm
Primärkatasternummer: 904
Besitzer: 1827
Die Stadtgemeinde
Besitzerliste
1827: Die Stadtgemeinde
Haustafel
Als um 1500 die Haller ihrer Stadtmauern modernisierten, errichteten sie hier eine mächtige, vorspringende Bastion, den „Pulverturm“. Auf dem massiven Unterbau stand ein zweigeschossiger Fachwerkaufsatz. Im 2. Weltkrieg erlitt er einen Volltreffer und ist seitdem nur mehr Ruine. Im Zuge des Neubaus der Umgehungsstraße 1992 entstand die anschließende Stadtmauer auf alten Fundamenten weitgehend neu.
Befunde aus Bauforschung
Keller. (StadtA Schwäb. Hall BF 285)
Befunde aus Bauakten
1947: Ein Notdach kann wegen Mangels an Baumaterial nicht aufgesetzt werden. Ein Wiederaufbau des Turms kann nach Meinung des Gemeinderats "derzeit" nicht erfolgen, stattdessen wird der Abbruch der Ruine erwogen (GRP 1947, S. 210). Das Landesamt für Denkmalpflege lehnt einen Abriss jedoch ab.
Beschreibungen
1827: Turm mit 11,5 Ruten
Ruine des sog. Pulverturm, 1490; gotischer Bildstock 1430. Eingetragen in das Landesverzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 08. Oktober 1925. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 298)
Lange Straße, Flst.Nr. 357/ 2: Sog. Pulverturm (§ 28). Ruine von 1490,mit gotischem Bildstock, 1430. (siehe auch unter Sachgesamtheit Stadtbefestigung "Am Markt 14, ...") (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Der Pulverturm
Der Pulverturm hat seinen heutigen Namen dadurch erhalten, dass hier im 19. Jahrhundet die Haller Kaufleute ihre Pulvervorräte aufbewahrten. In der Chronik von Johann Herolt wird der Turm als "das grosz Bollwerckh" bezeichnet. Der Turm wurde 1490 vor die Stadtmauer gesetzt, die hier einen Bogen aufwies, und sprang in den Graben hinein vor. Er ermöglichte es damit, sowohl den Hirschgraben als auch den Riedenertorgraben mit flankierendem Feuer zu bestreichen.
Der Turm ist 13,55 m lang und 8,40 m breit, die Mauern sind 1,70 m dick. Das Erdgeschoss hat gegen den Graben hin eine polygonale Form, die weiter oben jedoch in eine Rundung übergeht. Zur Stadtseite hin betrug die Höhe 11,40 m, zum wesentlich tieferen Graben 18 m. Das Untergeschoss war wahrscheinlich stets mit Erde gefüllt und nicht zugänglich, das Ergeschoss trägt ein masssives Gewölbe mit einem 0,80 x 1 m großen Loch. Entlüftungslöcher ermöglichten den Abzug von Pulverdämpfen. Der erste Stock weist eine ähnliche Bauweise auf und zeigt Schießscharten für die Geschütze, die an der Innenseite mit Rundbogen überspannt werden. Eine 1,40 m breite Tür ermöglichte es, von der Stadtseite her über eine Rampe die Kanonen in den Turm zu bringen. Das dritte Stockwerk war ursprünglich nach oben offen und mit hohen Deckungswänden umgeben. Kanonen konnten durch ein großes Loch im Boden dorthin gebracht werden. 1515 setzte man auf dieses Stockwerk ein weiteres auf, das ein Dach erhielt. Die hier eingebauten Schießscharten waren jedoch nur für Handfeuerwaffen geeignet. Ein interessantes Detail sind die blinden Schießscharten in allen Stockwerken, die der Täuschung möglicher Angreifer dienten.
Eine Steintafel an der Südseite erlaubt eine genaue Datierung des Baus: "anno dm MCCCCLXXXX am montag nach dem palmtag ward geleget der erst stein an disem thurn. hans mung vo oringe 1490". Der Bau wurde also am 5. April 1490 durch den Baumeister Hans Mung aus Öhringen begonnen, dessen Steinmetzzeichen auf dem Stein abgebildet ist. Der Turm erhielt bei dem amerikanischen Luftangriff auf den Bahnhof am 23. Februar 1945 einen direkten Volltreffer durch eine Sprengbombe, deren Explosion die zwei oberen Stockwerke wegriss. Im Erdgeschoss hatten während des Angriffs zahlreiche Menschen vor dem Angriff Schutz gesucht; sie wurden durch das massive Gewölbe über ihnen gerettet.
Quellen
Literatur:
- Eduard Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 126ff