Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827

Gelbinger Gasse 18 - Hirschapotheke, ehemals Gastwirtschaft zum Hirsch

Adresse: Gelbinger Gasse 18
Primärkatasternummer: 289 und 290
Besitzer: 1827
Wolf, Johann Conrad, Hirschwirt


Besitzerliste

1557 wurde Hans Schmidt, Wirt zum Hirsch, Bürger in Schwäbisch Hall (4/2236, S. 114)

1573/1574 wird Hans Schmid als Wirt in der Gelbinger Gasse genannt (4/1880).

1591 verkaufen die Erben des Burckhard Seckel die Gastwirtschaft zum Hirsch an den Miterben Georg Eberlin (?) (4/653, fol. 114V, 115V)

1593: Zufolge eines am 23. April 1593 eingetragenen Kaufvertrags hat Michel Rüdel "die Herberg zum Hirsch genant, inn Gellbinger Gaßen" für 850 fl an Bastian Schultheiß verkauft. Der noch nicht bezahlte Rest der Kaufsumme von 275 fl soll in jährlichen Raten von 25 fl abgetragen werden, als Sicherheit dient die Herberge (4/655, fol. 90v).

1606 verkaufte Lienhard Seckel sein Haus (das zwischen der Hirschwirtschaft und Wolf Vischer lag) an den Hirschwirt Johann Walther. (4/656, fol. 17R)

1616 wird die Gastwirtschaft "Hirsch" als Nachbarhaus des Anwesens des Ratsherren Wolf Vischer genannt. (14/366)

1622 und 1625 wird Adam Crafft als Hirschwirt genannt. (6/134 1/2 und 4/656, fol. 105V-R).

1628 verkaufte Hans Seybold seine Herberge in der Gelbinger Gasse an Adam Crafft, Gastwirt zum Hirsch. Das verkaufte Haus lag zwischen Johann Walther und Michael Fuchs, Bender. Unmittelbar vorher ist ein dann wieder durchgestrichener Verkauf der Gastwirtschaft zum Hirsch durch Johann Walther an Adam Crafft protokolliert, dessen zeitlicher Ansatz unsicher bleibt. (4/656, fol. 109R)

1637 starb Anna Gronbach, die Ehefrau des Hans Gronbach und Witwe des Adam Krafft, Gastwirts zum Hirsch (14/705).

Das erste Haller Posthaus

1635 ernannte der Magistrat Georg Auer zum Postmeister. Er sollte fünf Postpferde halten,  blieb aber auf freiwillige Postreiter aus den Reihen der Metzger angewiesen. Georg Auer war ein Flüchtling aus Wassertrüdingen, der erst im genannten Jahr 1635 Zuflucht in Hall gefunden hatte.  Pachtweise übernahm er zunächst den „Schwarzen Bären“ in der Zollhütte, sein Sohn Jacob arbeitete als Postreiter.  1636 war Auer Pächter der „Rose“ (hinter St. Michael am Langenfelder Tor).  Durch seine Heirat mit Anna Maria Crafft, der Tochter des ehemaligen Hirschwirts Adam Crafft, gelangte er 1637 in den Besitz der Gastwirtschaft „Zum goldenen Hirsch“ in der Gelbinger Gasse, wo er bis zu seinem Tod 1650 blieb. Der „Hirsch“ war damit der erste dauerhaftere Standort der Haller Post.

Georg Auer war nach Ausweis seines Vermögensinventars recht wohlhabend geworden. Als Flüchtling soll er 1635 nur 32 Dukaten (das sind 96 fl) nach Hall gebracht haben, 1650 hinterließ er ein Aktivvermögen von 4.500 fl, auf dem ca. 700 fl (ohne Berücksichtigung der Erbteile) Schulden hafteten. Seine Kinder erster Ehe nahmen für sich in Anspruch, beim Erwerb dieses Vermögens tatkräftig mitgeholfen zu haben, und verlangten einen Vorzug vor den Kindern dritter und vierter Ehe. Das wurde ihnen auch zugestanden. Über die Geschäftsbeziehungen Auers lässt sich aus seinem Inventar leider nichts entnehmen (außer dass er in Nürnberg und Backnang Geschäfte gemacht hatte). Die Postdienste scheinen sich nicht in Guthaben oder Schulden niedergeschlagen zu haben. Auffällig ist nur sein umfangreicher Viehbesitz, wobei die Tiere oft „verstellt“ waren, d.h. von Bauern umliegender Dörfer gefüttert und gepflegt wurden.

Nach dem Tod Georg Auers, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, entstand der „hällische Ordinariritt“, d.h. eine von einem Postreiter regelmäßig bediente Verbindung nach Heilbronn und Nürnberg.  Beim Haller Postmeister wiederum trafen Boten und Botinnen aus anderen Städten ein (erwähnt werden außer Heilbronn auch Cannstatt und Rothenburg), so dass die eingehende Post dann sortiert und weiter gesendet werden konnte. Die Haller Postmeisterei stand auch den Hohenlohe und den Limpurgern zur Verfügung.

Nachfolger Georg Auers als Postmeister wurden sein Sohn Jacob Auer (der wohl vorher schon den Hauptteil der Arbeiten erledigt hatte)  und sein Schwiegersohn Ernst Textor, der 1650 Anna Elisabetha Auer geheiratet hatte und den „Hirsch“ weiterbetrieb. 1662 allerdings verkaufte Ernst Textor den „Hirsch“ für 1.000 fl an Jacob Ulrich Stadtmann.  Damit löste sich die Postreiterei vom Betrieb einer Gastwirtschaft.

 

1650 verkaufte Georg Auer, Postmeister und Gastwirt zum Goldenen Hirsch, die Gastwirtschaft an seine Tochter Anna Elisabetha Auer. (14/828)

 

1665 und 1667 wird Jacob Ulrich Stadtmann als Hirschwirt erwähnt (14/968 und 4/662, fol. 10V)

 

1673 wird Jakob Ulrich Stadttmann als Hirschwirt genannt. (5/746)

 

1713/1714: Hans Ulrich Stadtmann, Hirschwirt

 

1717 besaß Johann Ulrich Stadtmann die Gastwirtschaft zum Hirsch. Er hatte sie von seinem Vater Jacob Ulrich Stadtmann (oder Stattmann) ererbt. 1736 verkaufte er sie um 2.750 an seinen Sohn Johann Georg Stadtmann (Kaufprotokoll 22. Januar 1739).

 

Beim Verkauf 1736 waren eingeschlossen: drei Tische und einen großen runden Tisch in der unteren Stube, in der großen Stube alle Tafeln und den Tisch, im oberen Stüblein ein Tisch, drei Sessel, drei gefütterte Stühle sowie die Bettlade samt dem Bett, in der vorderen Kammer drei bettladen mitsamt drei gerüsteteten Betten, sodann 24 Stühle und drei Schrannen. An Zinngeschirr: 3 Maßkannen, 3 Halbmaßkannen, 2 Schenkköpfe, 1 1/2 Dutzend Teller, 3 Suppenzinn, 3 mittlere flache, 3 größere und 3 größere Zinn, 3 kleinere Schüsseln, 1 Schwenkkessel und 1 Bräter.

Im Keller wurden drei Lagerfässer mitverkauft: nämlich die Nr. 2 mit 2 1/2 Fudern, die Nr. 5 mit 1 1/2 Fudern und die Nr. 6 mit 2 Fudern sowie 3 Fuhrfässer.

Der verkaufende Vater und seine Frau behielten sich den freien Sitz im Haus bevor, wozu ihnen das hintere Stüblein samt der Stubenkammer und der oberen Küche einegräumt wurde. Im oberen Gang bekamen sie eine Kammer für ihre Magd und den hinteren Teil des Fruchtbodens. Sie reservierten sich auch den hinteren Keller und die übrigen Fässer im vorderen Keller. Für ihr Vieh behielten die Eltern die Scheuer und in der Stallung den oberen Boden sowie einen Schweinestall sowie einen Platz zum Holz legen. Der kaufende Sohn räumte seiner Mutter außerdem 3 Beete im Garten zum "Kail" säen ein.

Sollten Eltern und Kinder sich nicht vertragen und die Eltern ausziehen müssen, soll den Eltern der Genuss der Scheuer erhalten bleiben und sie jährlich 20 Gulden als Hauszins erhalten. (StadtA Schwäb. Hall 4/680, fol. 286V-288R)

 

Johann Georg Stadtmanns Witwe Maria Magdalena veräußerte die Hirschwirtschaft am 26. September 1766 an ihren Tochtermann Johann Ludwig Reyß, dem Mann ihrer Tochter Catharina, um 3.500 Gulden.

 

Bei diesem Verkauf entspricht das mit übergebene Inventar exakt dem 1739 übernommenen - bis zur Zahl der Teller und Fässer. Auch die Bedingungen für die Übergabe entsprachen denen von einer Generation vorher. (StadtA Schwäb. Hall 4/685, fol. 665R-668R)

 

Reyß (oder Reuß) und seine zweite Frau Catharina Magdalena Bayerdörfer verkauften am 20. Februar 1794 an ihren Tochtermann Johann Christoph Wolf, den Mann von Reyß´ Tochter erster Ehe Maria Margaretha, um 8.000 Gulden weiter.

 

Als Inventar wurden mitverkauft: 8 ausgerüstete Betten (doppelt bezogen), 3 Tafeltücher, 6 Tischtücher, 12 Servietten, 6 doppelte und 6 einfache Handtücher, die Umhänge zu 2 Bettladen, die vorhandenen Vorhänge in der Hochzeits- und in der Wohnstube, 3 Tafel in der Hochzeitsstube, 2 kleine Täfelein, 3 Tische in der Wohnstube, 6 gefütterte und 12 ungefütterte Stühle, 8 Bettladen, 16 zinnene Flaschen, diverse zinnene Kannen und Schüsseln, 24 Teller, 3 Salzfässer, 6 Leuchter, 6 Putzscheren, 24 blechene Löffel, 24 Paar Messer und Gabel, 1 kupferner Schwenkkessel, 1 kupfernes Handfass in der Wohnstube, 6 Bouteillen, 12 Schoppengläser, 24 Trinkgläser, 1 kupferner Waschkessel und den Branntweinhafen (diese beiden sind eingemauert), 2 Fleischbeile, alle Kübel und Gölten und die Hälfte der Fässer im Keller.

 

Die Eltern behielten sich eines der beiden im Haus befindlichen Stüblein nebst der daran stoßenenden Kammer, die Küche im mittleren Stockwerk, die Kaminkammer, die sog. Rumpelkammer, die Hälfte vom oberen Boden, den vierten Teil der Scheuer nebst dem freien Aus- und Eingang durch das Haus, den hinteren Keller, die Hälfte vom Küchengarten, eine Holzlege, den Hühnerstall im mittleren Stockwerk vor. Die Magd musste auch ihnen einbrennen, Wasser und Holz tragen, kehren und Betten machen und die Wäsche unentgeltlich mitwaschen. Sollte der Vater sterben, hatte die Stiefmutter Anrecht auf dasselbe Ausgeding, allerdings durfte sie nicht mehr ins Haus heiraten. Sollten Eltern und Kinder sich nicht miteinander vertragen, sollten die Eltern 30 Gulden zum jährlichen Hauszins erhalten. Die übrigen Mobilien im Haus sollten in ein besonderes Verzeichnis gebracht werden und der Tochter leihweise überlassen werden. (StadtA Schwäb. Hall 4/692, fol. 255R-259R)

 

Auf Johann Christoph Wolf folgte 1818 sein Sohn Johann Conrad Wolf. Johann Conrad Wolf erbaute 1834 das Brauhaus (PKN 291) neu.

 

Johann Conrad Wolf verkaufte 1843 an Johann Carl Otterbach, dessen Witwe und Kinder 1863 den Gasthof übernahmen. 1864 brannten Wirtschaft, Scheuer und Brauhaus ab. 1864 und1865 wurden die Baulichkeiten wieder neu errichtet, die Witwe Otterbach heiratete David Gairing, der neuer Hirschwirt wurde.

 

Friederike Gairing verkaufte - mit Zustimmung ihres Ehemannes! - 1873 für 31.000 Gulden an Conrad Volk, Bierbrauer aus Weikersheim, der wiederum 1882 das Anwesen für 65.000 Mark an Friedrich Rupp, Bierbrauer aus Oberschmerach und zukünftigem Hirschwirt, veräußerte. Auf Rupp erfolgte die Umschreibung in das Grundbuch 1901.

Beschreibungen

1827: PKN 289 und 290 - Wohnhaus mit 1/8 Morgen 11,5 Ruten, Scheuer 25,6 Ruten, Stallung 8,7 und Hof 25,7 Ruten, insgesamt 2/8 Morgen und 23,5 Ruten Grundfläche in der Heilbronner Straße

Besonderheiten

In diesem Haus wurde am 16. August 1616 der Lehrer und bedeutende pädagogische Autor Johann Georg Seybold (1616-1686) als Sohn des damaligen Hirschwirts Hans Seybold geboren.

Großbrand am 17./18. November 1863

"Am 17.-18. Nov. 1863 äscherte ... ein großes Feuer in der Blendstatt 16 gefüllte Scheuern sowie den Gasthof z. Hirsch nebst Brauerei- und Stallgebäuden ein. Die Feuerwehr arbeitete, unterstützt von den übrigen Einwohnern, sowie den aus der ganzen Umgegend bis nach Oehringen, Gaildorf und Crailsheim herbeigeeilten Mannschaften und Spritzen mit überschwänglicher Anstrengung, um den schwer bedrohten Teil der Gelbinger Gasse zu retten. Das Pompierkorps mit der Rettungskompagnie und die neuen Spritzen mit dem Hydrophor leisteten ausgezeichnete Dienste; dagegen zeigten sich die übrigen Spritzen, deren Bedienungsmannschaft mit den übrigen an gutem Willen und Eifer mit den andern wetteiferte, als ungenügend. Besonders heiß wurde um die Erhaltung des "Hirsch" gearbeitet. Jedoch ohne Erfolg. Das große Anwesen war nicht zu retten. Leider sind hier 2 Zimmerleute verunglückt." (zit. nach Chur: Geschichte).

Quellen

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 4/1545, S. 221; 4/1547, S. 205; 4/1547a, S. 367; 4/1544, fol. 564V; 4/2260, fol. 60V; 19/828, S. 558-560; 19/833, S. 235-238; 19/741, S. 601; 19/1039, S. 548-565 (mit genauem Verzeichnis der Räume und des Inventars); 19/1047, S. 374-379

Literatur:

  • A. Chur: Zur Geschichte des Feuerlöschwesens in Schw. Hall. Festschrift zur Feier des Fünfzigjährigen Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Hall., Schwäbisch Hall 1897, S. 25