Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827
Bahnhofstraße 7 - Café Ableitner
Primärkatasternummer: 593
Besitzer: 1827
Bär, Friedrich Christoph, Steuereinnehmer
Besitzerliste
Das Gebäude bildete ursprünglich eine Einheit mit Bahnhofstraße 5 (s. dort).
1757 wurde das Ursprungsanwesen geteilt. Eine Hälfte wurde zum Haus Bahnhofstraße 5 und gehörte zunächst Georg Adam Haspel, Metzger. Die andere - Bahnhofstraße 7 - gelangte an N. Düring, Handelsmann, dann an dessen Ehenachfolger Johann Nicolaus von Olnhausen, Mitglied des Gerichts und Handelsmann.
1766 wurde es von Georg David Beer, Zuckerbäcker, Marktmeister und Spezereihändler, für 1.1125 Gulden gekauft.
Nachbesitzer war Friedrich Christoph Baer.
1835: Das bislang dem Kaufmann Christoph Friedrich Bär gehörende Haus wird zusammen mit einem Drittel des Nachbarhauses Nr. 592 (heute: Bahnhofstraße 5) an seinen Sohn Christian Friedrich Marius Bär verkauft, der es in seine 1834 geschlossene Ehe mit Marie Magdalene geb. Rudolph einbringt (s.a. Kaufbuch 1835, Bl. 97).
1857/58: Nach dem Tod von Christian Friedrich Marius Bär am 3. März 1857 geht das Haus Nr. 593 zusammen mit dem Drittel an Nr. 592 an seine (seit 1839) zweite Ehefrau und nunmehrige Witwe Elise Bär geb. Krebser. Elise Bär bringt diesen Besitz in ihre zweite, am 4. Februar 1858 geschlossene Ehe mit Carl Obermüller, Kaufmann und Bürger zu Pflummern, ein.
1858: Das Haus wird zusammen mit dem Anteil an Nr. 592 vom Ehepaar Obermüller an den Kaufmann Christian Friedrich Dötschmann verkauft (s. auch Kaufbuch 1858, Bl. 131).
1860/61: Christian Friedrich Dötschmann stirbt am 24. Februar 1860. Das ganze Haus Nr. 593 und der Drittelanteil an Nr. 592 fallen an seine Witwe Marie Luise Dötschmann geb. Stadtmann und seine beiden Kinder Eduard und Emma. Die Witwe Marie Luise Dötschmann bringt den Immobilienbesitz in ihre 1861 geschlossene zweite Ehe mit dem aus Niederstetten stammenden Kaufmann Friedrich Karl Schmitt ein.
1884: Emma Dötschmann erwirbt von ihrer Mutter Marie Luise Schmitt verw. Dötschmann und ihrem Bruder Eduard Dötschmann das Haus Nr. 592 und das Drittel am Haus Nr. 592 (davon stammen 2/3 von der Mutter, 1/3 vom Bruder). Emma Dötschmann bringt ihren Immobilienbesitz in ihre am 18. November 1884 geschlossene Ehe mit dem Konditor Ernst Heinrich Schlagenhauff ein (s.a. Kaufbuch Bd. 31, S. 223).
1899: Nach dem Tod von Ernst Heinrich Schlagenhauff am 15. März 1899 tritt seine Witwe Emma Schlagenhauff geb. Dötschmann in den gemeinsamen Immobilienbesitz des Ehepaares ein (ein Drittel am Haus Nr. 592, das ganze Haus Nr. 593), unter Sicherstellung der Erbansprüche der beiden Kinder Clara und Otto.
1919 verkauft die Witwe Emma Schlagenhauff das Anwesen an den Heidenheimer Konditor Karl Ableitner und dessen Ehefrau Mathilde. Karl Ableitner erwirbt ca. 1925 auch die ihm noch nicht gehörenden Anteile am Nachbarhaus Nr. 5. In der Folge werden die beiden Gebäude baulich vereinigt und als Café, Konditorei und für Wohnzwecke genutzt.
1949: Nach dem Tod von Karl Ableitner sen. führt seine Witwe Mathilde Ableitner Café und Konditorei weiter.
1965: Karl Ableitner jun. übernimmt das bisher von seiner Mutter Mathilde Ableitner betriebene Café mit Konditorei.
1978: Der Café- und Kondioreibetrieb wird auf 31.12.1978 eingestellt. Das Café Ableitner geht auf 1.1.1979 zunächst pachtweise auf die Stadt Schwäbisch Hall über. Eingeschlossen sind auch die Gebrauchsmuster und sonstigen Rechte für die Erzeugnisse der Konditorei, insbesondere die "Haller Päpstle" und "Haller Siederle".
1981: Die Stadt Schwäbisch Hall erwirbt am 20.1.1981 in Ausübung des ihr eingeräumten Ankaufsrechts die Häuser Bahnhofstraße 5 und 7.
1982: Neueröffnung des Cafés durch den zuvor in Stuttgart tätigen Konditor Albert Leist als Pächter.
1994: Einem zwischen der Stadtverwaltung und der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist abgeschlossenen Tauschvertrag zufolge gehen die beiden Häuser Bahnhofstraße 5 und 7 auf 1.1.1995 auf die Hospitalstiftung über.
In den Adressbüchern genannte Besitzer und Bewohner
1886: Besitzer: Ernst Schlagenhauff, Konditor [Anschrift: "Bahnhofstraße 593"]
Mieter/Mitbewohner: Gustav Heller, Forstreferendär
1890: Besitzer: Ernst Schlagenhauff, Konditor
Mieter/Mitbewohner: Albert Held, Eisenbahnassistent
1894: Besitzer: Ernst Schlagenhauff, Konditor
Mieter/Mitbewohner: Karl Klöpfer, Justiz-Referendar; Emil Friedrich Otter, Eisenbahn-Praktikant
1901: Besitzer: Ernst Schlagenhauff, Konditor [neue Anschrift: "Bahnhofstraße 7"]
Mieter/Mitbewohner: Otto Härle, Faktor
1906: Besitzerin: Emma Schlagenhauff, Witwe, Conditorei
Mieter/Mitbewohner: Carl Barth, Kaufmann
1910: Besitzerin: Emma Schlagenhauff, Witwe, Conditorei
Mieter/Mitbewohner: Carl Barth, Kaufmann
1928: Besitzer: Karl Ableitner, Konditormeister, Konditorei und Kaffee
Mieter/Mitbewohner: Oskar Mayerhausen, Präzeptor
1932: Besitzer: Karl Ableitner, Konditormeister, Konditorei und Kaffee
Mieter/Mitbewohner: Thilde Eberle, Servierfräulein; Oskar Mayerhausen, Präzeptor
1938: Besitzer: Karl Ableitner, Konditormeister, Konditorei und Kaffee
Mieter/Mitbewohner: Marie Eid, Bedienung; Gerda Fried, Pflegerin; Anna Kütterer, Hausgehilfin; Friedrich Löffler, Konditor; Karl Maier,Konditor; Herbert Morlock, Konditor; Luise Philipp, Hausgehilfin; Hildegard Schweikert, Buffetfräulein; Margarete Waldraff, Servierfräulein
1938: Besitzer: Mathilde Ableitner, Geschäftsinhaberin
Mieter/Mitbewohner: Gerda Fried, Kinderschwester
Befunde aus Bauforschung
Holzteile aus dem 16. Jahrhundert. Dendrochronologisch datiert auf 1593. (StadtA Schwäb. Hall BF 72)
Gewölbekeller im Zuge der Bauarbeiten 1980-1982 stark verändert; das Gewölbe wurde entfernt(StadtA Schwäb. Hall BF 131)
Dach dendrochronologisch datiert auf 1593, inschriftlich datiert auf 1594 (BF Büro Lohrum/Bleyer)
Befunde aus Bauakten
(Anm.: wohl aufgrund der Eigentumsverhältnisse wurden mehrere Vorgänge, die das Haus Bahnhofstraße 5 betreffen, bei Nr. 7 abgelegt; Angaben, soweit nicht anders angegeben, aus den Bauakten 27/568-569).
1884: Der Konditor Ernst Schlagenhauff lässt in seinem Gebäude Nro. 593 die Schaufenster und Türen nach Westen zur Bahnhofstraße und nach Norden zur Mauerstraße hin vergrößern und in ihrer Gestaltung verändern. Die bereits genehmigten Pläne werden in der Folge verändert und erneut zur Genehmigung eingereicht. "Ferner ist beabsichtigt, in der Küche des Parterre einen Conditorofen aufzustellen."
1924: In der Konditorei Ableitner wird eine Reihe von baulichen Veränderungen vorgenommen, insbesondere die Einrichtung eines Nebenzimmers und die Verlegung der Küche.
1925: Karl Ableitner lässt die beiden Schaufenster nach Westen und Norden vergrößern und die Ladentüre versetzen.
1937: Die Baupolizeibehörde ordnet einen Neuverputz "am Geb. Ableitner" sowie die Entfernung von ohne Genehmigung angebrachten Glasschildern an, "die störend im Stadtbild sind." Weiterhin stellt Stadtbaumeister Benz fest: "Ferner wäre an dem Türmchen gegen die Färbersgasse die bestehende Blechabdeckung zu entfernen und mit kleinen Turmziegeln einzudecken. Die Blechverkleidung des Turmdaches ost ganz besonders schlecht, da in dieselbe Ziegelornamente eingepresst sind. Wir sind unbedingt dem Stadtbild schuldig, dass diese Geschmacklosigkeit endlich einmal enfernt wird."
1944: Stadtbaumeister Benz bestätigt, dass für die "Ausführung dringender Luftschutzarbeiten im Gebäude Horst-Wessel-Str. 7, des Carl Ableitner Konditorei und Kaffee, Schw. Hall", dringend 650 Stück "Metersteine" benötigt werden.
1980-1982: Nach dem Erwerb der beiden Häuser durch die Stadt Schwäbisch Hall lässt diese umfangreiche Umbauarbeiten mit weitgehenden Eingriffen in die historische Bausubstanz ausführen. Der Grundsatzbeschluss des Gemeinderats datiert vom 24.10.1979, die Arbeitsvergaben am 17.3.1980. Ausgeführt werden die Arbeiten vom 1.4.1980 bis zum 1.3.1980. Eingerichtet werden soll ein Café mit 80-90 Plätzen. Beide Häuser sollen zu einem Gebäude zusammengefasst werden. Backstube und Laden sollen sogebaut werden, daß sie den Erfordernissen gerecht werden. Im ersten Obergeschoß isteine Pächterwohnung und im zweiten Dachgeschoß Wohnungen und Appartements geplant. Eine für ein Pressegespräch verfasste "Baubeschreibung" nennt folgende Maßnahmen: "Während der Umbauarbeiten stellte sich heraus, daß sich beide Gebäude in einem weit schlechteren Zustand als vermutet befanden. Umfangreiche Stützmaßnahmen waren erforderlich, um die alte Holzbalkendecke über dem Untergeschoß auszubauen und durch eine Betonmassivdecke zu ersetzen. Alle Untergeschoßzwischenwände mussten durch neue Wände ersetzt werden. Zwei Gewölbe wurden - wegen zu geringer Höhe - ausgebaut. In der Decke über dem Erdgeschoß wurden durch eine Stahlträgerkonstruktion die Lasten der oberen Etagen in Stützen und Wände abgeleitet. Auch die alte Decke über demErdgeschoß wurde ausgebaut und durch eine neue Holzbalkendecke ersetzt. Auch in den übrigen Etagen wurden neue Decken und zu einem grossen Teil auch neue Wände eingezogen. Das Treppenhaus wurde vom Untergeschoß bis zum Dach neu geplant und eingebaut, Vom Untergeschoß zum Erdgeschoß wurde ein Güteraufzug eingebaut. Die Aussenwände sind mit Vollwärmeschutz versehen. ... Gasgefeuerte Warmwasser-Pumpheizung. Im Laden- und Cafébereich Fußbodenheizung. Die denkmalgeschützte Aussenfassade blieb im Wesentlichen ohne bauliche Eingriffe erhalten." Die Arbeiten wurden damals - so Oberbürgermeister Karl Friedrich Binder - zu den bedeutendsten Sanierungsarbeiten im Stadtgebiet gerechnet. Die Stadt investierte insgesamt 2,3 Mio. DM (94/857).
Beschreibungen
historische Beschreibungen
1827 (Primärkataster): Wohnhaus mit 6,6 Ruten Grundfläche Stuttgarter Straße
um 1840 (Güterbuch, Besitz des Kaufmann Christian Friedrich Marius Bär): "Gebäude. 6,6 Rthn. VIII No. 593. Ein dreistokigtes Wohnhaus j[enseits] K[ochens] am rothen Steeg neben sich selbst und Bäker Johann Friedrich Schumm, mit gewölbtem Keller" (19/831, S. 379)
Beschreibungen aus den Denkmallisten
Das in Ecklage befindliche dreigeschossige Fachwerkwohnhaus mit dem Eckerker ist in der Giebelspitze ins Jahr 1594 datiert. Trotz des veränderten Erdgeschosses zeigt das Haus in reicher Form typische Renaissance-Fachwerkbaukunst: vier leichte Vorstöße gliedern die Giebelseite, die Ecklage wird mit dem Polygonal-Erker betont, in den beiden Obergeschossen der "Schwäbische Mann", besonders reich gestaltet ist das Giebelfeld mit Rautenfeldern und Andreaskreuzen mit geschnitztem Fächermotiv in der Giebelspitze. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 104)
Bahnhofstraße 7 (Flst.Nr. 0-273). Dreigeschossiges Renaissance-Fachwerk-Wohnhaus, bez. 1594. Reich gestaltete Obergeschosse. § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Erteilung von Schankgenehmigungen
(nach Stadtarchiv 21/1922, 37/743, 98/6701)
Der „Conditor“ Friedrich Karl Schmitt ersucht am 23. Oktober 1871 „ein wohllöbliches Stadt-Schuldheißenamt ... um die Erlaubniß, fremde Weine in Flaschen verkaufen zu dürfen“. Die Genehmigung wird nach einer positiven Stellungsnahme des Gemeinderats durch das Oberamt am 14. November 1871 genehmigt. Schmitt (oder Schmidt) hat 1861 Marie Luise Dötschmann geb. Stadtmann geheiratet, die Witwe des 1860 verstorbenen Kaufmanns Christian Friedrich Dötschmann. Den Konditoreibetrieb muss er zwischen diesem Datum und dem Antrag auf Weinverkauf eingerichtet haben.
Schmitts Nachfolger, der Konditor Ernst Schlagenhauff aus Winnenden (seit 1884 Ehemann von Schmitts Stieftochter Emma geb. Dötschmann) bittet am 13. Oktober 1884 „um Erlaubniß zum Ausschank von Liqueuren u[nd] Weingeist“ und ergänzt dies Anfang November „auch um den Malaga-Ausschank.“ Die entsprechenden Genehmigungen erteilt das Oberamt am 18. November 1884.
1925 erhält Karl Ableitner eine Wirtschaftserlaubnis, die den Ausschank von „Südweinen“ (Sherry, Wermut Samos, Portwein) sowie Branntwein einschließt. 1930 folgt ein Gesuch zur Ausdehnung dieser Genehmigung auf neu einzurichtende Räume im I. Stock der Bahnhofstraße 5, in denen ebenfalls der „Ausschank von Branntwein und Südweinen“ erlaubt sein soll. Dieses Gesuch wird nun durch die Verwaltungsabteilung des Gemeinderats befürwortet, da der „starke Fremdenverkehr“ die Ausweitung sinnvoll mache. Eine entsprechende Konzessionsurkunde wird durch das Oberamt am 18. Dezember 1930 ausgestellt. Sie bezieht sich auf zwei Räume des 1. Stocks "samt Veranda und in dem offenen Raum hinter dem südlichen Zimmer des Erdgeschosses". Voraussetzung ist die Erfüllung einiger kleinerer Auflagen wie dem Anbringen eines Läufers auf der Treppe oder dem Einbau von elektrischen Ventilatoren für jeden Raum.
1926 sucht Ableitner um die Erlaubnis zum Ausschank von Wein in den Caféräumen seines Hauses nach. Diese wird ihm jedoch am 18. November 1926 durch den Bezirksrat des Oberamts abgelehnt, da ein Bedürfnis hierzu durch Ableitner nicht nachgewiesen werden konnte. „Zudem hat der Gemeinderat ... die Bedürfnisfrage in Hinblick auf die in nächster Nähe befindlichen 7 Wirtschaften, in welchen allen der Weinschank betrieben wird, verneint.“ Ein weiteres Gesuch Ableitners von 1928 stößt ebenfalls auf Ablehnung.
1938 folgt ein Gesuch um eine erneute Ausweitung der Konzession auf den „Wein- und Sektausschank in allen Räumen des Kaffee’s“. Ableitner begründet sein Gesuch folgendermaßen: „Der Betrieb des Kaffee’s als ausgesprochenes und stark besuchtes Familien-Kaffee, der starke Besuch durch Militär seit Errichtung des Fliegerhorstes und der ständig zunehmende Fremdenverkehr machen den Ausschank von Wein und Sekt in meinem Betrieb im Interesse der Erhaltung der Kundschaft und im Interesse der Fremdenwerbung zu einem dringenden Bedürfnis.“ Ableitner erhält diese erweiterte Konzession am 12. Februar 1938. Wie aus einem nachfolgenden Antrag von 1939 hervorgeht, musste die Schankwirtschaftserlaubnis für Pilsener Bier in Flaschen separat beantragt werden. Der Landrat stellte fest, „daß ein vorübergehendes Bedürfnis zum Ausschank von Pilsener Bier im Kaffee Ableitner wohl nicht ganz von der Hand zu weisen ist, da erfahrungsgemäß sehr viele Offiziere des Fliegerhorstes dort verkehren.“ Ableitner würde aber bereits ohne Genehmigung Bier ausschenken, was ihm unter Androhung einer Ordnungsstrafe zu verbieten sei. Eine Genehmigung scheint nicht erteilt worden zu sein, stattdessen gab es mehrfach Kontrollen, ob verbotenerweise Bier ausgeschenkt wurde.
Karl Ableitner sen. stirbt 1949. Die Konzession für den Weiterbetrieb des Cafés im bisherigen Umfang wird 1951 "über die Dauer des Witwenstandes" auf die Witwe Mathilde Ableitner übertragen.
1964 geht die Konzession auf Karl Ableitner jun. über, der den elterlichen Betrieb übernimmt.
Mitgliederversammlungen des Haller Frauenvereins im "Café Ableitner"
Für die Ausstellung "Katechismus, Nähzeug, Büchermappe" wurde ermittelt, dass sich zur Mitgliederversammlung des Haller Frauenvereins zwei- bis dreimal jährlich bis zu 120 Teilnehmerinnen im Café Ableitner in der Bahnhofstr. 7 trafen.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entstehen überall in Deutschland Frauenvereinigungen, die sich für Gleichberechtigung, Bildung und Berufstätigkeit von Frauen einsetzen. Der in Hall im Frühjahr 1914 gegründete Verein gliedert sich dem liberalen Bund württembergischer Frauenvereine an und will „zum Wohle der Stadt und seiner Bürgerinnen“ da sein. Seine überwiegend evangelischen, aber auch katholischen und jüdischen Mitglieder kommen aus dem gehobenen Bürgertum.
Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gründet der Frauenverein einen Kinderhort, baut eine Stellenbörse für Frauen auf und übernimmt Kriegspatenschaften. Nach Kriegsende überwiegen Veranstaltungen zu staatsbürgerlichen Fragen; zusammen mit anderen Frauenvereinen der Stadt veranstaltet man eine große Versammlung. Bald organisieren die Frauen Konzerte, Theateraufführungen und Vorträge sowie Kurse von der Säuglingspflege bis zur Buchhaltung; es zirkulieren Lesemappen.
Die Empfindung, dass in der Weimarer Republik die christlichen Werte verfallen, löst bei den Frauen eine tiefe Verunsicherung aus. Außerdem verliert der Verein seine Betätigungsfelder an staatliche und andere Organisationen. Er orientiert sich neu und schließt sich 1922 dem eher konservativen Deutsch-Evangelischen Frauenbund an. 1926 entsteht eine Nähschule, ansonsten wird mit und für die Kirche gearbeitet.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten begrüßt der Frauenverein zunächst als Stabilisierung der politischen Lage. Unter dem Dach der Kirche können die evangelischen Frauenverbände zwar weiterexistieren, aber die Veranstaltung von Kursen ist verboten, Vorträge auf kirchliche Themen beschränkt und die soziale Arbeit auf Besuche in Altenheimen reduziert. Nachdem der Haller Verein die Nähschule 1940 an den Kirchenbezirk abgetreten hat, verlieren sich nach einer letzten Mitgliederversammlung seine Spuren.
Aus: Ulrike Marski (Hrsg.), Katechismus, Nähzeug, Büchermappe. Weibliche Bildungswege in Schwäbisch Hall. Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung. Schwäbisch Hall 2002, S. 27
Das beste Café in Württemberg, aber schwer zu finden...
Aus einem Schreiben des Direktors J. Hall, Stadt Stuttgart, Verbindungsbüro zur Militärregierung, an Bürgermeister Ernst Hornung, vom 20.9.1949: "Ich hatte die Gelegenheit, Sie gelegentlich der Tagung der Gas- und Wasserfachmänner in Schwäbisch Hall kennenzulernen und kenne Ihre fremdenfreundliche Einstellung. Deshalb erlaube ich mir, Sie auf folgendes aufmerksam zu machen. Gelegentlich der Tagung bin ich mit einer Anzahl von Kollegen in das Café Ableitner gegangen und habe festgestellt, dassdort wohl das beste in ganz Württemberg geboten wird und dies somit einen Großen Anziehungspunkt für Schwäbisch Hall bedeutet. In der Zwischenzeit habe ich eine ganze Reihe Freunde, Geschäftsfreunde und viele von den mir bekannten Amerikanern nach dorthin empfohlen. Leider musste ich von der grössten Anzahl dieser Leute hören, dass es ihnen nicht gelang, das Café Ableitner zu finden. Dies ist für das Café Ableitner, aber ebenso für die Stadt Schwäbisch Hall von großem Nachteil. Könnten Sie nicht veranlassen, dass durch Schilder der Weg zum Café Ableitner, diesem großen Anziehungspunkt von Schwäbisch Hall, kenntlich gemacht wird?" (aus: StadtA Schwäb. Hall 27/569)
Quellen
Literatur:
- Adressbücher 1886-1956
- Haller Tagblatt v. 26.10.1979, 10.07.1981
Archivalien:
- StadtA Schwäb. Hall 18/1171 (Eventualteilung des Christian Friedrich Dötschmann, Kaufmann, 1860)
- StadtA Schwäb. Hall 18/1394 (Beibringensinventar des Christian Carl Schmitt, Kaufmann, und der Marie Louise Dötschmann geb. Stadtmann, Witwe des Christian Friedrich Dötschmann, Kaufmann, 1861)
- StadtA Schwäb. Hall 18/5866 (Beibringensinventar des Ernst Schlagenhauff, Kaufmann und Konditor, und der Emma Dötschmann, 1885)
- StadtA Schwäb. Hall 18/8968 (Aufschub der Eventualteilung des Ernst Heinrich Schlagenhauff, Konditor, 1899)
- StadtA Schwäb. Hall 19/831 (Güterbuch, Bd. 6), S. 379 (C. F. Bär)
- StadtA Schwäb. Hall 19/838 (Güterbuch, Bd. 13), S. 431 (C. F. Dötschmann)
- StadtA Schwäb. Hall 21/1922 (Konzessionsakten Schmitt u. Schlagenhauff)
- StadtA Schwäb. Hall 27/568 (Bauakten Bahnhofstraße 7)
- StadtA Schwäb. Hall 27/569 (Bauakten Bahnhofstraße 5)
- StadtA Schwäb. Hall 37/743 (Konzessionsakten Ableitner)
- StadtA Schwäb. Hall 94/857 (Sanierung und Wiedereröffnung des Cafés Ableitner, 1982)
- StadtA Schwäb. Hall 98/1637 (Grundstücksangelegenheiten Bahnhofstraße 5/7, 1978-1997)
- StadtA Schwäb. Hall 98/6701 (Konzessionserteilung Café Ableitner, 1925-1951)
- StadtA Schwäb. Hall 98/6703 (Konzessionserteilung Café Ableitner, 1963-1979)