Gebäudeverzeichnis
Haalstraße 5 - Barocke Pracht über alten Kellern
Primärkatasternummer: 193
Besitzer: 1827
Schwend, David Ludwig, Buchdrucker
Besitzerliste
Hinweise für weitere Forschungen: ältester Kaufbrief lt. 14/2629 von 1444
In 4/656, fol. 126R (1635) und 4/656, fol. 168R-169V (1651) werden das Haus und seine Besitzer als Anlieger genannt.
1636 wird ein Haus am Schuhmarkt neben der Behausung von David Beyschlags Witwe und der deutschen Schule an Ludwig Bühl verkauft: 14/603.
Die Besitzerin von 1676 Catharina Ursula Beyschlag, geb. Schmalkalder, hatte 1644 David Beyschlag (1645: Ratsschreiber, 1661: Stadtschreiber, 1663: Mitglied des Inneren Rates) geheiratet, der 1664 verstorben war. David Beyschlag war 1615 als Sohn des David Beyschlag (1587-1635, 1620: Haalmeister, 1632: Mitglied des Inneren Rates, 1634: Haalpfleger) und der Sabine Wetzel, Tochter des Peter Wetzel, geboren.
Am 16. November 1676 verkaufte Catharina Ursula Beyschlag, Witwe des David Beyschlag, Mitglied des Inneren Rates und Stadtschreiber, ihr Haus am alten Schuhmarkt (zwischen Johann Georg Wollmershäuser, Mitglied des Inneren Rates, und Endres Ott, Buchbinder, gelegen) an Georg Friedrich Baumann, Doktor der Medizin und Physicus ordinarius. Der Kaufpreis betrug 930 Gulden. (StadtA Schwäb. Hall 4/663, fol. 47V-48V)
Susanna Maria Baumann, Witwe des Georg Friedrich Baumann, Lizenziat der Medizin und Physicus ordinarius, verkaufte am 8. Mai 1710 ihr Haus am Schuhmarkt am Eck (zwischen den Häusern des Julius Franciscus Otto, Mitglied des Inneren Rates und Amtmann über Ilshofen, und Hans Jerg Arnold, Maurer, gelegen) um 1.300 Gulden an Wilhelm Hieronymus Rittmann, Ausspeiser im Hospital. Die Verkäuferin reservierte sich für drei Jahre noch den Sitz im Nebenhaus und Rittmann sollte ihr im Keller einen Platz für ein Fass Wein einräumen. (StadtA Schwäb. Hall 4/672, fol. 22V-24R)
Am 14. Juli 1728 verkaufte Hieronymus Wilhelm Rittmann, Ausspeiser im Hospital, sein Haus nebst Anbau am Schuhmarkt am Eck (zwischen dem Haus der Erben von Stättmeister Otto und dem Haus des Kanzlisten Textor gelegen) an Georg Bernhard Arnold, Doktor beider Rechte und Ratskonsulent. Der Kaufpreis betrug 1.600 Gulden. Der Kaufvertrag wurde erst 8. Januar 1731 bei der Stadtverwaltung eingetragen. (StadtA Schwäb. Hall 4/679, fol. 157V-158R)
Nach Arnolds Tod bewohnte seine Witwe Maria Magdalena, geb. Bonhöfer, weiter das Haus. 1749 hatte sie zwei Keller, den Hof hinterm Haus, Gang, Kämmerlein und Ställe im Hof vom Nachbarn Andreas Melchior Stieber, Metzger, dazu gekauft (Kaufvertrag v. 10.4.1749: Andreas Melchior Stieber, Metzger, verkauft an Maria Magdalena Arnold, Witwe des Georg Benrhard Arnold, Doktor beider Rechte, Mitglied des Inneren und Geheimen Rates, Consistorialis und Scholarch, Amtmann im Rosengarten und Hauptmann im Haal, an seinem Haus am alten Schuhmarkt (gelegen zwischen der Frau Arnold selbst und dem Brunnen) folgende Teile: 1. den unter dem Haus der Frau Arnold gelegenen Keller, 2. den Keller unter seinem Waschhaus, 3. den ganzen Hof, 4. das hintere Haus gegen den Kocher (gelegen zwischen Georg Friedrich Bayerdörfer, Spitalmetzger, und der Schule) samt dem Gang über den Hof, dem Kämmerlein am Altan der Frau Arnold, 5. die Ställe im Hof. Der Kaufpreis beträgt 450 Gulden. Außerdem sagt Stieber der Frau Arnold zu, dass sie durch sein Waschhaus gehen kann, wenn immer sie will und auch so viel Wasser, wie sie will, hindurchtragen lassen darf. Die verkauften Keller will er innerhalb von acht Tagen räumen. Er verspricht, kein Unschlitt in seinem Haus mehr auszulassen.). (StadtA Schwäb. Hall 4/682, fol. 115R-117V)
Die Inventur der Maria Magdalena Arnold wies ein Gesamtvermögen von 48.028 Gulden aus. Außer dem Haus Haalstraße 5 und dem Drittel an Haalstraße 7 gehörte ihr auch das Schlössle in Eltershofen samt dem zugehörigen Gut, etliche Siedensanteile, Feudalrechte (sog. Herrengülten) und reichlich verliehenes Kapital. Ihre Erben wurden Stättmeister Dr. Bonhöfer und Amtsvogt Bonhöfer zu Vellberg. (StadtA Schwäb. Hall 14/2629)
Ihre Erben verkauften das Anwesen 1753 an Nicolaus Friedrich Haspel, Mitglied des Inneren Rates und Amtmann über Ilshofen, um 4.000 Gulden. Von ihm erbte es 1790 seine Witwe Maria Margaretha Haspel, geb Bölz, die es wiederum an ihre Verwandte Maria Elisabeth Hufnagel, die Ehefrau des N. Hufnagel, Mitglied des Inneren Rates und Pfleger, geb. Bölz, weitervererbte.
Der Wert des Nachlasses von Nicolaus Friedrich Haspel, kaiserlicher Rat, Hofpfalzgraf, Stättmeister, Steuerherr, Consistorialis und Scholarch, Direktor des Lehenrates, belief sich 1790 auf etwas mehr als 96.000 Gulden, allein sein Begräbnis hatte Kosten von 1.215 Gulden verursacht. Seine zweite Frau und Witwe erbte 29.000 Gulden, der Rest ging an seinen Sohn erster Ehe Friedrich Lorenz Haspel, hohenlohisch-langenburgischer Hofrat und Stadtschultheiß zu Schwäbisch Hall. (StadtA Schwäb. Hall 14/4042)
Am 12. Juni 1811 kaufte Buchdrucker Schwend das Anwesen.
Haustafel
Was heute Keller ist, lag vor 700 Jahren auf Straßenniveau. Im Spätmittelalter hoben Aufschüttungen in der Innenstadt das Gelände an. So verwandelte sich der Eingangsbereich in kühle Lagerräume und Gewölbe kamen zum Einbau. Die alten Mauern im Untergrund überstanden den verheerenden Stadtbrand von 1728. Der aufwändige barocke Neubau integrierte romanische Mauerreste auch im Obergeschoss.
Befunde aus Bauforschung
Keller aus dem 12., 14. und 18. bis 20. Jahrhundert (StadtA Schwäb. Hall BF 76)
Deckenbalken über dem 1. Obergeschoss dendrochronolgisch datiert auf 1236 (Balkenlage heute in Zweitverwendung eingebaut)
Im aufgehenden Gebäude noch Mauerwerksteile eines staufischen Steinhauses bis in das 1. Obergeschoss erhalten. Mauerwerk vergleichbar mit Keckenburg (Untere Herrngasse 10). Mittelalterliche Umbauten belegt durch dendrochronologische Datierungen 1358/59 (Decke EG) und 1435/36 (ebenfalls Decke EG). Weitgehender Um- und Neubau im 18. Jh. nach dem Stadtbrand 1728. Die Kelleranlage könnte auf ein noch älteres Gebäude zurück gehen (vgl. Datenbank Bauforschung Baden-Württemberg).
Beschreibungen
1827: Wohnhaus mit 33,3 Ruten, Holzremise 3,9, Stallung am Schlachthaus mit 3,2 Ruten und Hofraum 27,1 Ruten am Hafenmarkt
Beschreibungen aus den Denkmallisten
Stadtpalais des 18. Jh., Putzbau mit Sandsteingliederung, Mansardwalmdach, reiche Portale. Eingetragen in das Verzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 8. Oktober 1925(StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 205)
Haalstraße 5 (Flst.Nr. 0-99/1). Haus Arnold, Stadtpalais, Putzbau mit Sandsteingliederung, Mansardwalmdach, reiche Portale, 18. Jahrhundert; (im Kern hochmittelalterlich, Deckenbalken von um 1235 (d), staufisches Mauerwerk teils bis ins erste Obergeschoss). § 28. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Für die Ausstellung "Katechismus, Nähzeug, Büchermappe" wurde A. E. Haspel entdeckt, die in diesem Haus gelebt hatte:
1750: Anna Elisabetha Haspel erhält Privatunterricht
Obwohl im 18. Jahrhundert die deutschen Schulen und die Katechetenschule für Mädchen offen stehen, nutzen wohlhabende Eltern die Möglichkeit, zusätzlich Lehrkräfte zu engagieren. Anna Elisabetha Haspel kommt 1740 in einem vornehmen Haus an der Haalstraße zur Welt, in dem einige Jahrzehnte später das Haller Tagblatt erscheinen wird. Ihr Vater hat Rechtswissenschaften studiert und gehört zur höchsten Verwaltungsschicht der Stadt. Er scheint ein auffallend kluges Kind gewesen zu sein, da man betont, dass er bereits mit sieben Jahren in die Lateinschule ging.
Die Tochter wird „in gehörigem Alter in Kirchen und Schulen zum Christenthum angeführt“. Außerdem aber erhält sie Privatunterricht im Rechnen, Schönschreiben sowie in der lateinischen und französischen Sprache und macht darin, wie es heißt, gute Fortschritte. Im aufgeklärten 18. Jahrhundert stellen „gelehrte Frauenzimmer“ wohl auch in Hall keine Absonderlichkeit dar, auch wenn sie keine beruflichen Aussichten haben.
Junge Männer aus Anna Elisabetha Haspels Gesellschaftsschicht wie ihr Bruder und ihr Verlobter besuchen das Haller Gymnasium, zu dem sich die Lateinschule in der Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelt hat. Danach studieren sie Rechtswissenschaften etwa in Erlangen oder Tübingen und bekommen in ihrer Heimatstadt zunächst Anstellungen als Ratsadvokaten. Anna Elisabetha jedoch wird nach ihrer intellektuellen Ausbildung, wie es für Mädchen nach der Schulzeit üblich ist, „in der oeconomie wohl angewiesen“: Sie erlernt von ihrer Stiefmutter die Führung eines großen städtischen Haushalts, wie auch sie ihn nach einer Heirat leiten soll. Vier Tage vor der Hochzeit aber stirbt die 25-Jährige an den Folgen eines epileptischen Anfalls.
Aus: Ulrike Marski (Hrsg.), Katechismus, Nähzeug, Büchermappe. Weibliche Bildungswege in Schwäbisch Hall. Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung. Schwäbisch Hall 2002, S. 16