Gebäudeverzeichnis
Neustetterstraße 29
Primärkatasternummer: 86 (166)
Besitzer: 1827
Haller, Falk, Witwe (1/2); Herz, Aron, Witwe (1/2)
Besitzerliste
1701: Der Schuhmacher Melchior Moll verkauft das Haus an den aus Gaildorf nach Steinbach gezogenen "Schutzjuden" Mayer Seligmann. 1705 leben auch dessen Söhne Abraham Mayer und Hirschle Mayer mit ihren Familien im Haus.
1709: Nach dem Tod von Mayer Seligmann im April 1709 kommt das Haus an seinen Sohn Abraham Mayer.
1735: Abraham Mayer stirbt im August 1735. Den unteren Teil des Hauses übernehmen zunächst alle sechs überlebenden Kinder gemeinschaftlich, der obere Stock geht an den Sohn Mayer Abraham.
1746: Auf Ansuchen des Herzle Abraham erfolgt eine Teilung des Hauses zwischen ihm und seinem Bruder Mayer Abraham, da er bislang nur ein Drittel des Hauses bewohnt, aber Anspruch auf die Hälfte habe. Das Haus wird nun hälftig geteilt, Herzle bekomnt den oberen, Mayer den unteren Stock (genaue Beschreibung s. Maisch: Mayer Seligmann, S. 129 Fußnote 129). In diesem Zusammenhang wird auch erstmals die Zimmersynagoge im Dachstock ("Frauenschuel" und "Männerschuel") erwähnt.
1768: Nach dem Tod des Herzle Abraham fällt sein oberer Hausanteil an seine neun lebenden Kinder. Später kommt der Hausanteil in den alleinigen Besitz des Sohnes Aron Herz, dem 1794 der Comburger Schutz bewilligt wird.
1772: Nach dem Tod Mayer Abrahams geht die untere Haushälfte an seine WItwe Itle.
1794: Mayer Abrahams Witwe Itle stirbt ebenfalls. Nach komplizierten Verhandlungen verbleibt der untere Hausanteil der ledigen, geistesschwachen Tochter Madele.
1795: Mayer Abrahams Schwiegersohn Lößer Löw kündigt ein Kapital von 430 Gulden auf, das auf dem nun von seiner Schwägerin Madel bewohnten unteren Hausteil versichert ist. Damit muss der Hausanteil verkauft werden, wobei Madele weiterhin eine Kammer behalten soll. Der untere Hausanteil wird offenbar von Falk Herz Haller erworben, einem Sohn des Herzle Abraham und Bruder von Aron Herz, dem die obere Haushälfte gehört,
1817: Nach dem Tod des Aron Herz übernimmt seine Witwe Bela den oberen Hausanteil.
1828: Falk Herz stirbt 1828, sein unterer Hausanteil geht an seine Witwe Babette bzw. den Sohn Salomon Falk Haller.
1830 (Primärkataster) als Besitzer genannt:
Falk Haller, Witwe (1/2)
Aron Herz, Witwe (1/2)
1852: die obere Haushälfte der Bela Herz, Witwe des Aron Herz, wird von Josef Mittelberger erworben
1878: Aus der Verlassenschaftsmasse des Salomon Haller wird dessen (unterer) Hausanteil an den Schuhmacher Georg Walter verkauft.
Befunde aus Bauforschung
Das verputzte, zur Neustetterstraße traufständige, zweigeschossige Haus wurde in seinen ältesten Teilen wohl im frühen 16. Jahrhundert mit Sichtfachwerk errichtet. Bei Sanierungsarbeiten vorübergehend sichtbar gewordene Spuren von Blattverbindungen sind charakteristische für die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Haus entlang der Straße nach Norden verlängert und mit einem neuen Dachwerk versehen, das in das Jahr um 1716/17 (d) datiert werden kann (Untersuchung durch Burghard Lohrum). Wohl bereits zu dieser Zeit entstand im Dachstock des seit 1701 in jüdischem Besitz befindlichen Hauses eine Zimmersynagoge mit einer "Frauenschule" (Frauenabteilung) westlich der Treppe und einer "Männerschule" nördlich davon. Sie wurde - wie die Zimmersynagoge in Unterlimpurg - um 1737/38 durch den polnischen Künstler Elieser Sussmann aus Brody mit Malereien versehen, die später mit weißer Kalkfarbe überdeckt wurden. "Weiberschuel" und "Männerschuel" finden erstmals 1746 im Zusammenhang mit einer Teilung des Hauses Erwähnung. Die Vertäfelung der "Frauenschule" wird heute - wie die besser erhaltene aus Unterlimpurg - im Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall aufbewahrt.
Beschreibungen
1830 (Primärkataster): in der Juden-Gasse, Wohnhaus mit 18,0 Ruthen, Hofraum mit 5,1 Ruthen
Um 1852 (Haushälfte des Salomon Falk Haller): "Die Hälfte an einem zweistöckigen Wohnhaus in der Judengasse und zwar die obere Hälfte des Wohnhauses zwischen David Holch und der Witwe des Jeremias Dreifuß, gemeinschaftlich mit Joseph Mittelberger."
Quellen
Literatur:
- Albrecht Bedal: Die Synagogen von Steinbach und Unterlimpurg, in: Edith Amthor, Liselotte Kratochvil, Andreas Maisch u.a.: Jüdisches Leben inSchwäbisch Hall. Mittelalter und Frühe Neuzeit, Schwäbisch Hall 2004, S. 25-26
- Albrecht Bedal: Historische profane Gebäude in Steinbach - eine Spurensuche, in: Günter Albrecht, Andreas Maisch, Reinhard Schuster, Daniel Stihler (Hrsgg.): Steinbach. Geschichte eines Dorfs am Fuße der Comburg (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schwäbisch Hall; Heft 34); Schwäbisch Hall 2020, S. 191-219, hier S. 217ff
- David Davidovicz: Wandmalereien in alten Synagogen. Das Wirken des Malers Elieser Sussmann in Deutschland, Hameln 1969 [nur allg. zu Elieser Sussmann]
- Andreas Maisch: Mayer Seligmann, Judt zu Unterlimpurg. Juden in Schwäbisch Hall und Steinbach 1688-1802 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schwäbisch Hall; H. 14), Schwäbisch Hall 2001
- Armin Panter: Die Haller Synagogen des Elieser Sussmann. Im Kontext der Sammlungen des Hällisch-Fränkischen Museum, Künzelsau 2015
Archivalien:
- Landratsamt Schwäbisch Hall, Vermessungsamt, Primärkataster für Steinbach (Kopie im Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur S01/1559)
- StadtA Schwäb. Hall 86/224, Nr. 49