Häuserlexikon Steinbach – Primärkataster-Nr.
Neustetterstraße 20 - ehem. Gasthaus und Brauerei "Zum Einhorn"
Primärkatasternummer: 94 (159)
Besitzer: 1827
Bieck, Gemeindepfleger
Besitzerliste
1830 (Primärkataster): Gemeindepfleger Bieck
1845: Aus der Gantmasse (Konkursmasse) der Witwe des Einhornwirts Franz Biek erwirbt am 16. Juni 1845 Carl Bauer aus Ulm für 1.200 Gulden ein "zweistokigtes Wohnhauß mit Schildwirthschafts- und Bäkerei-Gerechtigkeit" [= Neustetterstraße 20] mit dreistöckigem Nebengebäude [= Neustetterstraße 22], Scheuer und Stallung unter einem Dach, einer weiteren Stallung, einem Waschhaus, einer eingerichteten Bierbrauerei, einem Brunnen, einem Felsenkeller, einer Dunglege sowie verschiedenen Garten- und Wiesengrundstücken.
1849: erworben durch Friedrich Schmidt
Befunde aus Bauforschung
Das heutige, traufständig zur Straße stehende Gebäude mit sieben Fensterachsen und einem aus Sandstein errichteten Erdgeschoss entstand 1850/51, nachdem der Vorgängerbau durch einen Brand am 21. September 1850 zerstört worden war. Der Hausgrundriss des Neubaus ist deutlich größer als der des alten Bauwerks. Im Erdegschoss rechts neben dem Haupteingang befand sich die Gaststube mit Nebenräumen, links lag die Wohnung der Wirtsfamilie mit einer großen Küche und einer Backstube. Das obere Stockwerk umfasste einen Tanzsaal und insgesamt drei Gästezimmer (nach: Bedal, Historische profane Gebäude).
Befunde aus Bauakten
1850: Einhornwirt Schmid lässt das Hauptgebäude mit einem größeren und zum Vorgängerbau leicht vesetzten Grundriss traufständig zur Straße neu aufbauen, mit "Wirthschaftszimmer", "Wohngelassen" und einem Backofen im Erdgeschoss sowie einem Tanzsaal und Gästezimmern im Oberstock. Hinter dem Haus entsteht ein Brauereigebäude mit Bierbrauerei, Malzdarre, Branntweinbrennerei und Gästestallung.
1864: Einhornwirt Friedrich Schmid sucht um Genehmigung nach, im Oberstock seines Hauses zwei Küchen und zwei beheizbare Zimmer einrichten zu lassen.
1870: Friedrich Jäkle lässt zwischen seiner Wirtschaft und dem Nachbarhaus (heute Nr. 18) ein Gebäude für eine Kegelbahn erstellen, das teilweise über den hier verlaufenden Bach ragt.
1875: Einhornwirt Otto Bolz lässt sich den Einbau zweier Malzdarren in dem 1850 errichteten Brauereigebäude genehmigen.
1881: Der Eingang des hinter dem Haus gelegenen Eiskellers wird mit einem Schuppen auf "Freipfosten" überdacht.
1881: Weiterhin wird an der Rückseite des Brauhauses ein 4,30 m langer und 9,70 m breiter Anbau erstellt, der als "Vieh- & Pferdestall" genutzt werden soll.
1894: Das Brauereigebäude erhält einen neuen Anbau auf der Rückseite, der 8 m lang und 9,70 m breit ist. Außerdem wird ein Steg über den hier verlaufenden Bach erstellt, um eine Zufahrt von der "Vicinal Straße v. Hessenthal" (heute: Im Stöckle) aus zu ermöglichen.
1895: Bierbrauereibesitzer Otto Bolz lässt eine offene Wagenremise hinter dem Brauhaus bzw. dem Anbau von 1894 erstellen, die teilweise den hier verlaufenden Bach überdeckt.
1911: Veronika Bolz, die Witwe des Otto Bolz, plant die Erweiterung der Brauerei, weshalb an die ihr gehörende Scheuer hinter dem Haus 94a (heute Nr. 22) ein "Gähr- und Abfüllkeller mit Maschinenstube" angebaut wird.
1913: Hinter dem Bau von 1911 entsteht eine mit einer Dampfmaschine angetriebene "Dörranlage mit Schuppen"; das einstöckige Gebäude ist 20 m lang und 3 m breit.
1920/21: Bierbrauereibesitzer Gustav Bolz lässt mit Hilfe von Sprengungen einern Brunnen für "Nutzwasser" herstellen; weiterhin finden kleinere Umbauten an dem 1911 erstellten Anbau hinter dem Haus 94a [= Neustetterstraße 22] statt, in dem sich eine "Maschinenstube" sowie ein Brennereiraum mit "Dampfsparmotor" und Dampfkessel befinden.
1925: Im ehemaligen "Wirtschaftslokal" im Hauptgebäude, das inzwischen als Laden genutzt wird, lässt Gustav Bolz ein Schaufenster einbauen.
1932: Der Einbau einer Dreizimmerwohnung im "Maschinensaal" des Gebäudes 159b (hinter dem heutigen Haus Neustetterstraße 22) wird genehmigt.
1932: Im Dachstock des Hauptgebäudes entsteht eine Vierzimmerwohnung.
1935: Gustav Bolz, der mittlerweile die Brauerei aufgegeben hat und seit Winter 1928/29 eine Kohlenhandlung betreibt, nimmt ungenehmigte bauliche Veränderungen an der Scheuer bzw. dem Schuppen hinter dem Haus 194b [Neustetterstraße 22] vor, die dessen Besitzer Sacco zu Beschwerden u.a. wegen Beeinträchtigung der Statik und gesteigerter Brandgefahr veranlassen. Unter anderem soll Bolz deshalb ein Tor einbauen lassen. Weiterhin moniert die Stadt nach einer Anzeige des Polizeiwachtmeisters Ott den Betrieb einer ungenehmigten Abwasserreinigungsanlage und fordert den Einbau einer Kläranlage. Bolz bittet um vorübergehende Befreiung von dieser Auflage, da diese "wegen der bei mir eingetretenen Vermögensverhältnisse ganz unmöglich & nicht tragbar" sei.
1941: Im Nebengebäude hinter dem Wohnhaus Nr. 160 [heute: Neustetterstraße 22] lässt die Süßmostkelterei Eberhard Mann als Pächter im früheren Brennereiraum einen feststehenden Dampfkessel aufstellen.
Beschreibungen
1830 (Primärkataster): im untern Dorf, Wohnhaus mit 29,1 Ruthen, weiteres Wohnhaus mit 17,6 Ruthen, Brauhaus mit 12,7 Ruthen, Stallung mit 9,6 Ruthen, Waschhaus mit 2,7 Ruthen, Hofraum mit 53,0 Ruthen
Neustetterstraße 20 (Flst.Nr. 2-104). Putzbau, Anfang 19. Jahrhundert. § 2 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Quellen
Literatur:
- Albrecht Bedal: Historische profane Gebäude in Steinbach - eine Spurensuche, in: Günter Albrecht, Andreas Maisch, Reinhard Schuster, Daniel Stihler (Hrsgg.): Steinbach. Geschichte eines Dorfs am Fuße der Comburg (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schwäbisch Hall; Heft 34); Schwäbisch Hall 2020, S. 191-219, hier S. 209ff
Archivalien:
- Landratsamt Schwäbisch Hall, Vermessungsamt, Primärkataster für Steinbach (Kopie im Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur S01/1559)
- StadtA Schwäb. Hall 86/255 (Kaufbuch Steinbach 1843-1848), Bl. 66vff.
- Baurechtsamt Schwäb. Hall, Bauakten