Häuserlexikon Steinbach – Primärkataster-Nr.
Comburg 4 - Gebsattelbau (Alte Propstei)
Primärkatasternummer: 204 (alt 4)
Besitzer: 1827
Kameralamt Hall
Besitzerliste
1830 (Primärkataster): das Kameralamt Hall für den Staat (die Kgl. Kriegskassenverwaltung zur Benutzung)
Befunde aus Bauforschung
Der "Gebsattelbau" (alte Propstei)
Unter Seyfried vom Holz, letzter Abt und 1488-1504 erster Propst des Ritterstifts, entstand in den 1490er Jahren eine weiter nach Osten vorgeschobene, neue Ringmauer (inschriftlich dat. 1494). In dem auf diese Weise geschaffenen Zwingerbereich baute man einen neuen Wohnsitz des Stiftspropsts. Erasmus Neustetter (1523-1594), der ab 1551 als Dechant und ab 1583 als Propst des Ritterstifts amtierte, veranlasste eine umfassende bauliche Neugestaltung der Comburg. Unter anderem wurde die bisherige Propstei im Renaissancestil umgebaut und auf das dreifache des bisherigen Baukörpers vergrößert. Bausubstanz des Ausgangsbaus hat sich lediglich in den Außenmauern des mittleren Gebäudedrittels erhalten, während das westliche und östliche Drittel komplett neu entstanden. Die verbauten Hölzer konnten dendrochronologisch auf 1573/74 und 1576/77 datiert werden. Ursprünglich waren die drei Gebäudeteile durch zwei massive, vom Erdgeschoss bis in den Dachstock durchlaufende Mauern komplett voneinander abgetrennt. Jeder Teil war in der Innenaufteilung annähernd identisch. Im Erdgeschoss gab es jeweils eine Halle, deren Decke von einer einzelnen, hölzernen Mittelstütze getragen wurde, wie es auch für Schwäbisch Haller Bürgerhäuser dieser Zeit typisch ist. In den Obergeschossen befanden sich jeweils zwei Wohnungen, die eine Stube mit Bohlen-Balken-Decke sowie zwei Kammern umfassten. Man vermutet in diesen Räumen die sogenannten „Kurien“ (Wohnungen) der Stiftsherren für ihre Aufenthalte auf der Comburg. Diese waren allerdings eher selten, da man in den meisten Fällen Würzburg als Wohnort vorzog. Das 1587 durch den Würzburger Bildhauer Erhard Barg geschaffene, reich geschmückte Renaissanceportal auf der nördlichen Giebelseite zeigt die Wappen des Stifts (Löwe mit Winkel) und Erasmus Neustetters. Bei einer größeren Umbauphase in den 1730er Jahren wurden die Zwischenwände im Dachgeschoss und im 2. Obergeschoss entfernt, im 1. Obergeschoss durchbrochen. Die meisten Räume erhielten barocke Stuckdecken. Ein kleiner Verbindungsbau zur Michaelskapelle im romanischen Torbau wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Baufälligkeit abgerissen. Umfangreiche Sanierungsarbeiten mit begleitenden bauhistorischen Untersuchungen begannen 2010 und erschlossen auch die Gewölbekeller.
Die Benennung "Gebsattelbau" erinnert an den Stiftsherrn Lothar Karl Anselm Freiherr von Gebsattel (1761-1846), der 1821 bis 1846 als erster Erzbischof von München und Freising amtierte.
Der Propst, als dessen Sitz das Gebäude ursprünglich diente, war Vorsteher des Stifts. Er wurde durch das Würzburger Domkapitel gewählt. Die Pröpste unterlagen keiner Residenzpflicht und lebten meist in Würzburg, wo sie nicht selten weitere Ämter und Pfründen innehatten. Die Verwaltung des Stifts vor Ort führte in der Regel der Dekan.
Beschreibungen
1830 (Primärkataster): der Guttenberg'sche Bau mit 1/8 Morgen und 6,6 Ruthen
Comburg 1, 2, 4, 5, 6, 7, 7/1, 7/2, 8, 8/1, 9, 9/1, 10, 11, 12, 13, 15, 16, 17, Großcomburger Weg 8 (Flst.Nr. 2-112, 2-114, 2-116, 2-118, 2-123/1, 2-130, 2-134/1, 2-134/2, 2-168, 2-433, 2-433/1, 2-433/2, 2-433/3, 2-433/4, 2-433/5, 2-433/6, 2-433/7, 2-433/8, 2-433/9, 2-433/10, 2-433/11, 2-433/12, 2-433/13, 2-434, 2-434/1, 2-434/2, 2-434/3, 2-434/4, 2-434/5, 2-434/6, 2-434/7, 2-434/8, 2-434/9, 2-434/10, 2-434/11, 2-435, 2-435/1, 2-435/2, 2-435/3, 2-435/4, 2-436, 2-436/1, 2-436/2, 2-436/3, 2-436/4, 2-437, 2-437/2, 2-439, 2-439/1, 2-439/3, 2-439/4, 2-440, 2-440/1, 2-441-443) Sog. Große Comburg mit ehem. Fruchtkasten (Großcomburger Weg 8), bez. 1705 (Sachgesamtheit). § 28 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Zur Geschichte und Baugeschichte der Comburg insgesamt siehe Comburg 12 (Stiftskirche St. Nikolaus) unter „Beschreibungen“
Besonderheiten
Bei der Anlage des Primärkatasters 1830 erhielten die Gebäude der Comburg eine separate, mit 1 beginnende Nummerierung. Um Verwechslungen zu vermeiden, wurden hier die späteren Nummern verwendet.
Quellen
Literatur:
- Michael Greiner, Dirk Vogt-Merz, Gabriele Kleiber, Hans-Reiner Soppa: Die Comburgen bei Schwäbisch Hall, Stuttgart 2010, S. 88ff [zu Restaurierungsarbeiten]
- Gabriele Kleiber: Groß- und Kleincomburg (Führer Staatliche Schlösser und Gärten), München; Berlin 1999, S. 48
Archivalien:
- Landratsamt Schwäbisch Hall, Vermessungsamt, Primärkataster für Steinbach (Kopie im Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur S01/1559)